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Schüler der United World Colleges warten auf den Papst vor dem Vatikan. Schülerin Aneke Mendarozqueta nennt die UWC einen "unglaublichen Ort". Aus verschiedenen Nationen leben hier Schüler zusammen und studieren. Das Ziel der Schulen ist, dass die vermittelten Werte von den Schülern in ihre Heimat zurückgetragen werden.

Foto: AP/Lepri

Ottawa – Ein Weihnachtsessen, bei dem Schüler gemeinsam mit Lehrern sowie dem Direktor zusammensitzen und dabei über alltägliche Dinge reden, ist ebenso unvorstellbar wie ein Wirtschaftslehrer, der bei einem Weihnachtskonzert HipHop tanzt?

Nicht am Lester B. Pearson United World College of the Pacific. Das 1974 an der Westküste Kanadas erbaute College gehört zu dem Netzwerk von zwölf United World Colleges, die in der Zeit des Kalten Krieges durch den Pädagogen Kurt Hahn 1962 entstanden sind.

Das Ziel der Schulen ist es, Frieden und gegenseitiges Verständnis zu fördern sowie Schülern zu helfen, ihr intellektuelles Potenzial zu entwickeln, um nach der Schulzeit die Werte der Schulen in ihre Heimat zu bringen.

Die Jugendlichen besuchen die vergangenen zwei Jahre der Sekundarstufe mit je 100 Schülern pro Jahrgang und schließen mit der internationalen Reifeprüfung "International Baccalaureate" ab.

Für ein UWC-Stipendium durchlaufen sie zuvor ein strenges Auswahlverfahren. Dabei sind gute Noten zwar notwendig, aber nicht das einzige Kriterium. Wichtig ist, "das Potenzial zu zeigen, in Zukunft als engagierte Weltbürger zu agieren", sagt Philippe Narval vom UWC-Netzwerk Österreich.

Die Pearle UWC in Kanada fördert Frieden und persönliche Herausforderung, nach dem Gedanken des Friedensnobelpreisträgers Lester B. Pearson: "Wie kann es Frieden geben, wenn sich Menschen nicht verstehen, und wie kann es das geben, wenn sie sich nicht einmal kennen?"

Herausforderung im Zimmer

Die Kanadierin Aneke Mendarozqueta, die heuer den ersten Jahrgang der Schule besucht – ein "First Year" -, beschreibt das College als einen "unglaublichen Ort". Der Jugend erlaube es, ihren Horizont zu erweitern und kritisch über die Welt zu denken, "mit dem Hintergedanken ehrlich, mitfühlend mit seinem Umfeld zu sein".

Die Zimmerkollegen der 17-Jährigen kommen aus Polen, Somalia und Hongkong. Das bringt sie in herausfordernde Situationen, erzählt die Kanadierin. "Meine Mitbewohnerin aus Somalia ist streng gläubig. Am Anfang war es nicht einfach, ihre Ansichten zu verstehen." Aneke und ihre drei anderen Mitbewohner stießen wegen ihren "sehr liberalen Ansichten" an ihre Grenzen, aber "mit der Zeit lernt man hier, Kompromisse zu schließen und sensibler auf andere Kulturen einzugehen".

Neben dem akademischen Programm, das an den UWC angeboten wird, ist auch das CAS-Programm verpflichtend. CAS (Creativity, Action, Service) steht für die drei Kategorien der Aktivitäten, die jeder für das Reifezeugnis belegen muss. Neben kleinen Studentenjobs helfen die Schüler im Haushalt sowie in der Cafeteria mit.

"Das Leben hier ist intensiv, manchmal muss man sich einen Moment nehmen, um durchzuatmen", erzählt Vivien Sin. Die 18-Jährige ist aus Hongkong hergekommen. "Auch wenn man die Freiheit genießt, muss man lernen, Prioritäten zu setzen."

Die Lehrer, die am College unterrichten, wohnen zum Teil auch am Campus und "geben den Schülern denselben Respekt, den auch die Schüler ihnen geben", sagt Vivien. Sie kann sich jederzeit an ihre Lehrer wenden, sei es, um außerhalb der Schulzeit um Hilfe zu bitten oder auf eine Tasse Tee vorbeizukommen.

An seine Grenzen gehen

Art Brendon, der seit 1981 am College Kunst und "Theory of Knowledge" unterrichtet, findet, dass das College sich immer wieder wandelt. Er glaubt daran.

"Als das College erbaut wurde, haben viele gemeint, es wäre Irrsinn, da Schüler aus so vielen verschiedenen Kulturen sich nicht verstehen könnten. Aber es hat funktioniert, und so sollte man die Technologie der Gegenwart dazu nutzen, es immer wieder zu verbessern und den Gedanken des Abenteuers nicht zu verlieren."

Den Absolventen der Schulen winken gute Aussichten, auf renommierte Universitäten, wie etwa auf jene der "Ivy-League", zu kommen, aber Brendon möchte das nicht im Vordergrund sehen: "Das Wichtigste ist, Pearson nicht als Sprungbrett für Eliteuniversitäten zu sehen, sondern als die Freiheit, Neues auszuprobieren und über seine Grenzen zu gehen." (Isabel Syrek/ DER STANDARD, 16.12.2008)