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Damit über den Wolken weniger Treibstoff verbraucht wird, sollen Flieger schlanker werden. Werkstoffdesigner sind gefordert.

Foto: AP/Noah Berger

Schlanke Flieger sind derzeit das Thema der Luftfahrttechnologie-entwickler. Damit ein Flugzeug so leicht wie möglich abheben kann, müssen sie kalkulieren, wo sich Gewicht einsparen lässt. Das "Damage Tolerant Design" ist eine dieser für Laien eher gespenstisch anmutenden Maßnahmen: Das Konzept fußt auf der Idee, eine gewisse Beschädigung bestimmter Strukturkomponenten wie etwa der Landeklappen oder des Flügels zuzulassen, bevor diese repariert oder ausgetauscht werden müssen. Der Vorteil: Die Bauteile können auf diese Weise wesentlich leichter ausgelegt werden. Dürften die Bauteile nicht den kleinsten Schaden aufweisen, müssten sie deutlich massiver gebaut werden.

"Um aber die strukturelle Integrität dieser Komponenten zu garantieren, sind kontinuierliche zerstörungsfreie Prüfungen erforderlich, die die Einsatzzeiten der Flugzeuge reduzieren", sagt Michael Scheerer von den ARC Seibersdorf. Denn bisher müssen solche Checks auf dem Boden durchgeführt werden. Aber jede Minute, die ein Flugzeug länger als nötig auf dem Boden verbringt, kostet die Airlines viel Geld. Im Rahmen des Austrian Aeronautics Research-(AAR)-Netzwerks arbeitet Scheerer daher an einer Methode, um den Zustand der Flugzeugkomponenten permanent kontrollieren zu können.

Beim Structural Health Monitoring überprüft der Wissenschafter mittels Sensoren, ob und wenn wie stark eine Beschädigung aufgetreten ist. "Wir suchen nach bestimmten Geräuschen, die etwa bei der Rissbildung auftreten", sagt Scheerer. Ein Prüfsystem könnte speziell in schwierig zu überwachenden Regionen wie im Inneren des Flügels installiert werden und während des Fluges den Strukturzustand anzeigen. "Wenn man nur dann repariert, wenn wirklich etwas kaputt ist, kann man Wartezeiten auf dem Boden reduzieren", sagt Scheerer. Auch könnte man die Bauteile noch leichter auslegen - was noch einmal Gewicht, damit Treibstoff und Kosten einspart.

"Die Bedingung des ersten AAR-Programms, das über vier Jahre lief, war, den Stand der Technik umzusetzen", sagt die Koordinatorin des AAR-Netzwerks, Anneliese Pönninger vom Geschäftsbereich Werkstoffe von ARC Seibersdorf research. "Das ist uns offenbar so gut gelungen, dass unser Forschungsprogramm nach einer Abschlussevaluation 2005 um weitere drei Jahre verlängert wurde." Viele Arbeiten, wie auch das Structural-Health-Monitoring-Projekt von Michael Scheerer stehen kurz vor dem Abschluss - und sind Weiterführungen aus den AAR-Vorgängerprojekten. Neu mit in das Programm aufgenommen, so Pönninger, wurde das Überthema "Nanotechnologie".

"Wir arbeiten an sogenannten Titanmatrix-Composites", sagt die Wissenschafterin. Dabei wird Titanpulver mit verschiedenen Pulverzusätzen wie etwa Aluminium- oder Siliziumoxid vermischt und dann mittels unterschiedlicher Verfahren wie Sintern oder Pressen in Bauteilform gebracht. Die Zusätze richteten sich ganz danach, welche Eigenschaft man der jeweiligen Komponente geben möchte, sagt Pönninger. Insgesamt sollen die Bauteile im Flugzeug mit dieser neuen Materialklasse leichter und stabiler gebaut werden.

Auf den Einsatz im Flugzeug wird man noch einige Jahre lang warten müssen. Mithilfe der Nanotechnologie sollen aber auch den Composit-Werkstoffen bessere mechanische Eigenschaften verliehen werden. In die Epoxydharze für die faserverstärkten Kunststoffbauteile werden etwa Nanopulver eingerührt, die dem Material eine größere Elastizität als bisher geben.

Ein weiteres Thema in dieser Forschungsrichtung wäre die Optimierung des Flammschutzes. "Das Programm wurde von der Industrie sehr gut angenommen", resümiert Pönninger. Die meisten Firmen oder Abteilungen größerer Unternehmen, die sich mit dem AAR-Schwerpunktthema "Luftfahrtmaterialien" beschäftigen, hätten nicht die Personalstärke, ein vierjähriges Forschungsprogramm umzusetzen. In diese Richtung sollte es möglichst weitergehen, so Pönninger. Sie sei aber zuversichtlich, dass die Luftfahrtmaterialien auch abseits von AAR nicht zu kurz kommen. "Auch im letzten Luftfahrtprogramm "Take Off" des Infrastrukturministeriums sind "innovative Werkstoffe" ein Schwerpunkt gewesen. Und bei vielen Projekten sei die Förderung auch über das Ende des AAR-Programms hinaus gesichert. (Denis Dilba/DER STANDARD, Printausgabe, 17.12.2008)