Die Mehrheit der Telfer hat sich mit dem Minarett abgefunden. Die Gräben zwischen Tirolern und Zuwanderern sind geblieben.

Foto: ORF

Im "Tatort" (Sonntag, 20.15, ORF 2) wird ein Mord im Tiroler Telfs aufgeklärt. Dazu drehte Alfred Schwarz einen "Schauplatz Spezial" über die Lage zwei Jahre nach dem umstrittenen Minarettbau. Von Problemen dabei erzählte er Alois Pumhösel.

STANDARD: Haben sich die Telfer über den Medienrummel gefreut, den ihnen "Tatort" und "Am Schauplatz" beschert haben?

Schwarz: Die prominentere Sendung war der "Tatort", der war Tagesthema. Manche haben darüber gelächelt. Andere haben befürchtet, dass der ORF Öl ins Feuer gießt.

STANDARD: Wie sehen Sie die Lage in Telfs?

Schwarz: Das Problem ist, dass die Tiroler einfach aushalten müssten, dass es dort etwas anderes gibt als die Tiroler selbst. Als ORF in das Telfer Milieu einzudringen, ist schon ein ambitioniertes Unterfangen, wenn man weiß, wie gerne ein gestandener Tiroler mit einem dahergelaufenen Wiener Reporter spricht.

STANDARD: Verändert die Kamera, was die Menschen sagen?

Schwarz: Wir haben mit zig Menschen in Telfs gesprochen, vor die Kamera wollten nur wenige. Teilweise hörten wir Schimpf- und Hasstiraden auf die Türken. Wir haben auch mit vielen türkischen Frauen gesprochen, die von ihren Familien davongelaufen sind, weil sie gegen ihren Willen verheiratet werden sollten. Auch die wollen fast nie vor die Kamera.

STANDARD: Das Gewicht, das dem FP-Vertreter zukommt, verwundert ein wenig. Gerade die FPÖ verschafft sich hierzu ohnehin Gehör.

Schwarz: Er ist nicht nur FPÖler, sondern auch repräsentativ für ein Milieu. Fernsehen versucht pointierte Aussagen zu treffen. Deshalb haben wir die radikalste Truppe am Anfang reden lassen. In der ersten Szene kommt es ja zu einer Konfrontation mit einem türkisch-stämmigen Telfer vor dem Minarett. Das "Du sollst aufstehen, wenn die Bundeshymne erklingt und auf die Flagge schauen!" der FPÖ trifft auf ein "Ich lebe hier, zahle meine Steuern, bin selbst Österreicher" des Türken. Dieser Dialog ist eine Miniatur des ganzen Filmes.

STANDARD: Trägt die Verhandlung solcher Themen im TV zur Verständigung der Menschen bei?

Schwarz: Unser Ansatz ist nicht, zum Völkerfrieden beitragen zu wollen. Wenn der Film hilft, die Lage aus der Sicht des anderen zu sehen, hat es Sinn. Allzu viel sollte man sich aber nicht versprechen.

STANDARD: Wird vom ORF genug Aufklärungsarbeit betrieben?

Schwarz: Bei Politsendungen, wo es Aufgabe ist, die Schleier über dem Handeln der Politiker herunterzureißen, kann es nicht schaden, mutiger zu sein. Das ist Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Beim "Schauplatz" versucht uns niemand unter Druck zu setzen. Außer einmal bei der Jägerei. Beim Integrationsthema glaube ich, dass der ORF auf einem guten Weg ist.

STANDARD: Wird die "Schauplatz"-Serie vom ORF Sparkurs berührt?

Schwarz: Bis jetzt hat es nicht einmal einen Nebensatz gegeben, der den "Schauplatz" in Zusammenhang mit der Spardiskussion gebracht hätte. Die Sendung ist nicht wegzudenken. (Alois Pumhösel/DER STANDARD; Printausgabe, 3.1/4.1.2009)