Die Weigerung der kommunalen Wohnhausverwaltung "Wiener Wohnen", im Julius-Bermann-Hof im zweiten Wiener Gemeindebau zwei "Steine der Erinnerung" an die von den Nazis vertriebenen jüdischen Gemeindebaumieter zu bezahlen, hat potenzielle private Finanziers auf den Plan gerufen. "Ich bin bereit, 800 Euro zur Verfügung zu stellen", schreibt Roland Spieß, Inhaber einer Wohnhausverwaltung an den Standard. Dem Wiener Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SP) wirft Spieß "reines Groschenzählen" vor.

An dessen Vorgänger im Amt, Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), wandten sich Gabriele und Marcus Weber aus Salzburg: "Wenn sich wichtige öffentliche Institutionen wie Wiener Wohnen ihrer historischen Verantwortung nicht stellen", so sei das "eine Schande". Sollte es nötig sein, seien auch sie "gern bereit, eine Gedenktafel zu finanzieren".

Zahlung abgelehnt

Wie berichtet, hatte Ludwig die Zahlung von 800 bis 1060 Euro für zwei in den Boden eingelassene Messingplatten unter Hinweis auf die Kernaufgaben von Wiener Wohnen abgelehnt. Diese lägen in der "Beschaffung und Erhaltung von leistbarem Wohnraum": Ein Argument, das Projektinitiator Florian Müller in einem neuerlichen Schreiben an Ludwig nicht gelten lässt: Gedenkarbeit sollte für den Wohnbaustadtrat "eine politische Selbstverständlichkeit sein". Allein "die Testphase einer fragwürdigen Videoüberwachung" in Wiener Gemeindebauten habe "rund 400.000 Euro gekostet".

Grundsätzlich positiv bewertet Müller die vom Büro Ludwig im Standard angekündigte Suche nach anderen kommunalen Finanzierungsquellen für die Erinnerungssteine. Tatsächlich ist das Gedenken an die rund 70.000 Gemeindebau-"Arisierungen" in Wien bisher ausschließlich von bezirksnahen Vereinen getragen worden. Etwa in Simmering, wo auf Kosten des dortigen Kulturvereins an allen betroffenen Gemeindebauten Erinnerungstafeln mit den Namen der Vertriebenen angebracht wurden.

Die Vereinslösung habe ihren Grund, meint der Simmeringer VHS-Direktor Walter Schuster: Auf Wiener Wohnen, so glaubt er, würde sonst "eine Kostenlawine zukommen, die die Betriebskosten für alle Mieter erhöhen kann". (bri/DER STANDARD-Printausgabe, 3.1.2009)