Mitarbeiter des Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf sollen auch an der Organisation von umstrittenen Jugendlagern beteiligt gewesen sein.

Screenshot: derStandard.at

Wien - Nach den Rechtsradikalismus-Vorwürfen gegen Mitarbeiter des Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf hat dieser am Mittwochnachmittag im APA-Gespräch erstmals Stellung genommen. Zwar seien von den beiden jungen Männern vor Jahren bei dem deutschen Internet-Versandhandel "Aufruhr" Bestellungen getätigt worden. Die aktuell kursierenden Listen seien jedoch gefälscht. Die Mitarbeiter wird Graf "selbstverständlich" behalten. Nachdem die beiden parlamentarischen Mitarbeiter bis zum gestrigen Feiertag im Urlaub waren, führte Graf mit den zwei Männern im Alter von 21 und 22 Jahren erst heute ein Gespräch zu den Vorwürfen. Die aktuelle Diskussion über Bestelllisten sei die "dritte Aufwärmphase eines Nichtthemas". "Für mich ist die Causa abgeschlossen", so Graf.

Der Grünen-Sozialsprecher Karl Öllinger hatte bei einer Pressekonferenz zunächst eine Erklärung und Distanzierung Grafs gefordert. Eine Anzeige sei noch nicht eingebracht worden, da noch nicht feststehe, ob die Büromitarbeiter die einschlägigen Texte auch weitergegeben hätten, so Öllinger.

"Das ist Nazidreck"

Öllinger legte Bestelllisten der beiden Mitarbeiter von Graf, Sebastian Ploner und Marcus Vetter, beim deutschen Internet-Versandhandel "Aufruhr" vor. "Was hier bestellt wurde, ist an Eindeutigkeit nicht zu überbieten. Das ist Nazidreck", sagte er. Bei den Bestellern handle es sich nicht um "wissbegierige junge Menschen", sondern es sei bewusst bei einem "Naziversand" bestellt worden. Graf kenne seit Jahresbeginn die Bestellungen sowie die Vorwürfe, "(FPÖ-Generalsekretär Harald, Anm.) Vilimsky, und die Betroffenen haben die Bestellung bis jetzt nicht bestritten", so der Grünen-Sozialsprecher.

Dass Sebastian Ploner und Marcus Vetter beim deutschen Internet-Versandhandel "Aufruhr" Waren bestellt hätten, sei "unbestritten", sagt auch Graf. Dies sei 2005 zum letzten Mal und seither nicht mehr erfolgt. Es wurden etwa "Leiberl" mit dem Aufdruck "Kameradschaft ist mehr als nur ein Wort" oder "Südtirol bleibt deutsch" geordert. "Das ist für mich nicht verwerflich und etwas anderes ist nicht bestellt worden", erklärte Graf. Die in den Listen angegebenen "enormen Mengen" seien ebenfalls "unwahr". "Es gibt überhaupt keinen Grund für eine Entlassung. Das wäre eine Motivkündigung und ich denke nicht im Geringsten daran."

"Hand und Fuß"

Die bestellten Waren würden dann gegen österreichisches Recht verstoßen, wenn sie in Österreich verbreitet werden, so Öllinger. "Es geht dabei um Wiederbetätigung und Verhetzung." Eine Anzeige sei noch nicht eingebracht: "Ich will sicher sein, dass die Sachverhaltsdarstellung Hand und Fuß hat." Etwa müsse dokumentiert sein, dass der Auftraggeber die Lieder nicht nur für sich selbst heruntergeladen, sondern Texte auch weitergegeben hat.

Prammer: Gespräch am 15. Jänner

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer hat unterdessen Graf zu einem Gespräch geladen. Der Termin wurde für den 15. Jänner anberaumt. Es handle sich dabei ausdrücklich um kein wie von Graf bezeichnetes "Routinegespräch", hieß es am Mittwoch aus dem Büro von Prammer zur APA. Am Gespräch wird auch der Zweite Nationalratspräsident Fritz Neugebauer teilnehmen.

Nach Grafs Stellungnahme am Mittwochnachmittag sei "noch einiges offen" geblieben. Prammer geht es darum, grundsätzlich zu klären, wie Graf zu diesem Gedankengut, das der Verlag "Aufruhr" transportiert, stehe.

Umstrittene Kinder- und Jugendlager

Mitarbeiter aus Grafs Büro seien zudem für den Jugendbund "Sturmadler" aktiv, so Öllinger. Sturmadler - der Jugendbund für Fahrt und Lager (www.sturmadler.at auch unter www.sommerlager.at) veranstaltet Winter- und Sommerlager sowie Heimstunden für 8 bis 18 Jährige. Im Jahr 2005 machte das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes bekannt, dass Sebastian Ploner als Inhaber der "Sommerlager"-Domain aufschien, die angegebene Adresse sei identisch mit jener der Burschenschaft Olympia. Als Kontaktperson galt Walter Asperl, ein "Alter Herr" dieser Verbindung, und nunmehriger Büroleiter im Büro des Dritten Nationalratspräsidenten.

Heimattreue Jugendarbeit

"Wenn wir feiern, begehen wir unsere Feste bewusst, mit Sang, Tanz und Musik, mit Ernst und ausgelassener Freude, mit Prickeln auf der Haut und innerem Erlebnis", ist auf der Website der Sturmadler zu erfahren. Und mit einer Spende könne man den "Fortbestand heimattreuer Jugendarbeit" ermöglichen. Im Jahr 2005 sei laut DÖW auch das "Erlernen des Fechtsports, ein Zielschießen mit Armbrust und Luftdruckgewehr sowie Unterricht in diversen Arten der Selbstverteidigung" angeboten worden. "Damit bekommt das 'Sommerlager' durchaus auch Züge einer Wehrsportübung", sagte das DÖW damals in einer Aussendung.

Nach der sehr kritischen Berichterstattung zu den Veranstaltungen der Sturmadler seien diese noch konspirativer geworden, sagt Heribert Schiedl vom DÖW im Gespräch mit derStandard.at. "Niemand weiß, wo diese Lager stattfinden oder was dort geschieht. Wenn sie nichts zu verbergen hätten, würden sie das transpartenter machen. Es ist deshalb nicht davon auszugehen, dass sich etwas geändert hat". 

Einen ähnlichen Verdacht hegt auch Öllinger: Es sei nicht auszuschließen, dass bei deren Veranstaltungen nicht nur "angeblich harmlose" Lieder gesungen werden, sondern sie auch mit Songs aus der Naziszene versorgt würden. Der Internet-Versand erreicht auch österreichisches Publikum. "Das wurde und wird auch von anderen gekauft. Wir haben ein echtes Problem. Die Grenzen des Rechtsstaates werden dabei längst überschritten."

Vilimsky sieht keine Verfehlungen

Harald Vilimsky, Generalsekretär der FPÖ sieht nach wie vor "keine Verfehlungen durch die Mitarbeiter von Nationalratspräsident Graf". Die von Öllinger vorgelegten Bestelllisten seien "seltsam und streckenweise frei erfunden". Zu den genannten Vorwürfen wollte Marcus Vetter im derStandard.at-Gespräch keine Stellungnahme abgeben, die oben beschriebenen Lager der Sturmadler seien ihm nicht bekannt. (apa/burg/derStandard.at, 7. Jänner 2009)