Ein wenig geglättet könnte es auch ein Stück von Gerwald Rockenschaub sein: Ernst Wilhelm Nay, "Sinus", 1966.

 

 

Foto: Schirn

Nays' Arbeiten fehlen in kaum einer öffentlichen oder privaten Sammlung zu jener Epoche.


Weniger bekannt und bisher noch weitgehend unterschätzt ist Ernst Wilhelm Nays erstaunliches Spätwerk der 1960er-Jahre, das hauptsächlich in den wenigen Jahren nach der Teilnahme des Künstlers an der Kasseler documenta III 1964 bis zu seinem Tod 1968 entstanden ist.

Die Ausstellung in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt konzentriert sich mit etwa 30 großformatigen Gemälden und 85 Arbeiten auf Papier erstmals ganz auf diese Epoche seines Werks und entdeckt dabei einen Künstler, der mit seinen über den Bildraum hinausweisenden dynamisch-flächigen Formen und klaren Farben keineswegs historisch, sondern modern und fast zeitgenössisch wirkt.

Ernst Wilhelm Nay entpuppt sich als aufregender Vorläufer für zeitgenössische Tendenzen; seine Motive lassen sogar an neueste Arbeiten aktueller junger Künstler denken. Mit einer konzentrierten Präsentation in drei großen Räumen stellt die Schirn diesen bisher wenig gezeigten Nay einem jüngeren Publikum vor.

Erstmals rekonstruiert die Ausstellung in der Frankfurter Schirn außerdem den spektakulären Nay-Raum der documenta III 1964, in dem drei großformatige Werke des Künstlers nicht wie üblich an den Wänden, sondern von der Decke hängend als Environment präsentiert wurden.

Waren Nays "Augenbilder", zu denen auch die in der Schirn präsentierten documenta-Gemälde zählen, noch voll räumlicher Elemente, Expressivität und gegenständlicher Assoziation, so wirken die elementaren Bilder mit ihren großflächigen grafischen Formen einfach und komplex zugleich.

Mit den Elementaren Bildern vollzog Ernst Wilhelm Nay ab 1965 den letzten, entscheidenden stilistischen Wandel in seinem Werk. (mm / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8.1.2009)