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Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller kann sich nach den Landtagswahlen grundsätzlich eine Koalition mit der FPÖ vorstellen. Aber nur, wenn man sich mit der ÖVP nicht einig wird.

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Wien - Bundeskanzler Werner Faymann hält sein Nein zu einer Koalition mit der FPÖ im Bund aufrecht, will aber als SPÖ-Chef seinen Landesstatthaltern in dieser Frage nicht dreinreden - wissend, dass das Nein der Roten zu den Blauen auf Landesebene wankt.

Neben der Nicht-Ausgrenzungs-Linie der Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (siehe Interview unten) zeigte sich am Rande der SP-Klausur in Salzburg, dass auch andere Landeschefs wenig Berührungsängste zeigen. Kärntens SP-Chef Reinhart Rohr, der wie Burgstaller am 1. März eine Landtagswahl schlagen muss, sagte im Ö1-"Mittagsjournal", er wolle mit allen demokratisch legitimierten Parteien Gespräche führen. Auch Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl hält das auf Landesebene "für richtig". Oberösterreichs Erich Haider will nichts ausschließen.

Einzig Wiens Bürgermeister Michael Häupl "kann nicht anders", als gegen Rot-Blau zu sein. Es sei geltende SPÖ-Beschlusslage, nicht mit Rechtspopulisten zu koalieren. Er sehe "zur Stunde so wenig politische und inhaltliche Übereinstimmung" mit der FPÖ, dass eine Koalition für ihn unvorstellbar sei. Gebrochen wurde der rote Bann gegen die Blauen bereits 2004. Da wählte die Kärntner SP Jörg Haider zum Landeshauptmann.

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Standard: Die SPÖ führt vor den Landtagswahlen in Salzburg in den Umfragen mit komfortablen sieben Prozent vor der ÖVP. Die Werte waren schon schlechter. Gibt es so etwas wie einen Faymann-Effekt?

Burgstaller: Es gibt zurzeit zumindest eher Rückenwind als Gegenwind. Es gab in den letzten Jahren auch andere Phasen.

Standard: Ihr Wahlziel lautet Platz eins. Mit welchem Abstand zur Volkspartei?

Burgstaller: Es ist in Salzburg eine Herausforderung, als SPÖ an erster Stelle zu stehen. Salzburg ist kein klassisch sozialdemokratisches Bundesland. Traumwahlziel ist, theoretisch mehrere Koalitionen schließen zu können.

Standard: Ist ein SPÖ-Ergebnis unter 40 Prozent eine Niederlage?

Burgstaller: Das wäre für mich eine persönliche Enttäuschung.

Standard: Es geistern durch diverse Medien Spekulationen über eine rot-blaue Koalition in Salzburg nach dem 1. März. Wie ernst ist das?

Burgstaller: Das interpretieren manche absichtlich so. Selbstverständlich gilt aber: Wenn wir Erster werden, reden wir zuerst mit dem Zweiten. Das ist der Wählerwille und nicht irgendwelche knappen Koalitionen. Es ist aber wichtig, mit allen Parteien zusammenarbeiten zu können und - wenn es nicht anders geht - auch mit anderen Parteien als der ÖVP eine Koalition machen zu können.

Standard: Ist FPÖ-Obmann Karl Schnell für Sie regierungsfähig? Als Landesrat hat er in den 1990er-Jahren ja Opposition aus der Regierung heraus betrieben.

Burgstaller: Die Variante, in der Regierung Opposition zu betreiben, haben wir in den letzten Jahren von der ÖVP auch durchaus oft erleben müssen. Da hat die FPÖ keinen Alleinvertretungsanspruch. Wichtig ist, auf das Wahlergebnis zu schauen: Wem haben die Wähler wie viele Stimmen gegeben? Das ist das erste Prinzip. Ich schließe aber keine Partei in der Regierungsbildung von vornherein aus. In Salzburg ist das Zusammenarbeiten immer im Vordergrund gestanden.

Standard: Nochmals: Ist Karl Schnell als Person regierungsfähig?

Burgstaller: Das wäre eine Frage der Beurteilung durch die FPÖ, wer in einer Regierung sein kann. Die Frage stellt sich aber jetzt nicht. Für mich gilt: Ich schließe keine Partei von vornherein aus, wir werden aber sicher zuerst mit der zweitstärksten Partei verhandeln.

Standard: Werner Faymann hat im Bund eine Koalition mit der FPÖ immer ausgeschlossen. Was unterscheidet denn die Salzburger FP von der Bundes-FP so grundsätzlich, dass eine Koalition zumindest denkbar wäre?

Burgstaller: Die Salzburger Landtagsparteien sind allesamt sehr konstruktiv. Inhaltlich gibt es im Land Salzburg in vielen Bereichen eine Schnittmenge, wo man zusammenfinden kann. Das ist auf Bundesebene gerade mit der FPÖ sicher wesentlich schwieriger.

Standard: 2004 war ein Argument für die Koalition mit der ÖVP, dass man sich nicht gleich in der ersten SP-geführten Landesregierung mit der mehrheitlich schwarzen Beamtenschaft anlegen wollte. Ist das jetzt nach fünf Jahren anders?

Burgstaller: Das hat 2004 keine Rolle gespielt. 2004 war wesentlich, dass wir in dem immer von der ÖVP regierten Land eine gewisse Kontinuität haben wollten. Es hat ja viele gegeben, die der Meinung waren, Salzburg würde in eine ganz andere Richtung geführt werden. Wir haben aber bewiesen, dass wir einen langsamen Entwicklungsprozess durchführen.

Standard: Spielen in den Überlegungen die Grünen und das BZÖ irgendeine Rolle?

Burgstaller: Ich grenze niemanden aus. Natürlich spielen die Grünen eine Rolle. Das BZÖ wird es nach Jörg Haider sicher schwer haben, in den Landtag zu kommen.

Standard: Sie haben angekündigt, Experten in Regierungsämter zu holen, die nicht die klassische Parteikarriere absolviert haben. Bedeutet dies, dass beispielsweise die Landesräte Walter Blachfellner oder Erika Scharer abgelöst werden?

Burgstaller: Nein. Das gilt nur für den Fall, dass die SPÖ noch mehr Zuspruch bekommt und sich die Spielräume erweitern. Ich trete mit einem Team an und das wird auch nach der Wahl mit dabei sein.

Standard: Ein Wahlkampfthema ist der Bau der 380-Kilovolt-Leitung quer durch Salzburg. Ist es für den Standort Salzburg vernünftig - wie das die Landesregierung versucht -, per Gesetz eine unterirdische Teilverkabelung erzwingen zu wollen?

Burgstaller: Das Erdkabelgesetz dient dazu, überhaupt zu einer 380-KV-Leitung zu kommen. Meine Sorge war, dass die Auseinandersetzung im Land so weit eskaliert, dass es gar keine Leitung geben kann. Wir versuchen eine Lösung zu finden, hinter der möglichst viele stehen. So wie das in der Vergangenheit gemacht wurde, wäre in Salzburg die Leitung nicht mehr durchsetzbar.

Standard: Ein anderes umstrittenes Infrastrukturprojekt ist die Tauerngasleitung, die Gas von Süden nach Norden transportieren soll. Wie stehen Sie zu dem Pipelineprojekt?

Burgstaller: Wir lassen derzeit prüfen, ob das auch dem Land nutzt. Generell kann man aber im 21. Jahrhundert Infrastrukturprojekte nicht mehr so durchführen wie im 19. oder 20. Jahrhundert. Man muss den Dialog suchen, Betreiber und Bürger zu einer gemeinsamen Planung zusammenbringen.

Standard: Zu einem aktuellen bundespolitischen Thema. Innenministerin Maria Fekter hat vorgeschlagen, Bleiberechtsfragen sollen von Länderräten entschieden werden. Wie steht die Salzburger Landeshauptfrau dazu?

Burgstaller: Der Ansatz ist nicht fair. Ministerin Fekter möchte nur das Thema loswerden. Aber wenn es nicht anders geht, würde ich mich der Herausforderung stellen. Das aber nur unter der Voraussetzung, dass das nicht mit Patenschaften gekoppelt wird.

Standard: Das Bleiberecht sollte also in einem normierten Rechtsverfahren behandelt werden?

Burgstaller: Ja, eine Antragstellung und kein Gnadenrecht. Aber natürlich ist der klare Nachweis der Integrationswilligkeit notwendig. Die Kombination Patenschaften und Auf-die-Länder-Überwälzen kann ich nicht akzeptieren. Das werden wir beeinspruchen. (Thomas Neuhold, red, DER STANDARD, Printausgabe, 12.1.2009)