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Gasprom-Vizechef Alexander Medwedew lenkte ein. Sein Namensvetter, Präsident Dmitri Medwedew (im Bild), war selbst Gasprom-Chef.

Foto: AP/Alexander Zemlianichenko

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Grafik: APA

"Wenn es keine Hindernisse gibt, wird der Gastransport um acht Uhr europäischer Zeit beginnen." Alexander Medwedew, Vizechef des russischen Gasmonopolisten Gasprom, bestätigte am Montag in Brüssel die Einigung mit der Ukraine und der EU über die Wiederaufnahme der Gaslieferungen in den Westen. "Wir hoffen alle, dass dies am Dienstag geschieht."

Medwedew bestätigte Angaben der EU-Kommission, wonach die gemeinsame Vereinbarung zur Entsendung von Beobachtern an die Messstationen von allen Seiten in ihrer originalen Fassung unterzeichnet worden sei. Russland hatte die Wiederaufnahme der Gaslieferungen zuletzt noch abgelehnt, weil die ukrainische Seite zusätzliche Bemerkungen zu dem Dokument formuliert hatte.

"Wir haben die noch offenen Probleme mit der russischen Seite gelöst", sagte EU-Energiekommissar Andris Piebalgs. Es werde etwas dauern, bis das Gas dann bei den Konsumenten ankomme. Entgegen früheren Angaben rechne er dafür aber nur mit einer vergleichsweise kurzen Zeitspanne von etwa 24 bis 30 Stunden, sagte Piebalgs.

Gasprom-Vize Medwedew betonte, an mehreren Orten müssten noch Beobachter zur Überwachung der Transporte eingesetzt werden. Die Flugzeuge stünden aber bereit, um die Experten an die Messstationen zu bringen. EU-Beobachter sind seit Sonntag im Einsatz.

Bereicherungsstrategien

Ungelöst bleibt allerdings der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine, der die Gaskrise ausgelöst hat. Ein undurchsichtiges Netz an Zwischenhändlern und Profiteuren scheine eine echte und tragfähige Lösung zu behindern, meinen Experten. "Es geht in dem Konflikt auch um persönliche Bereicherungsstrategien", sagte die Energieexpertin der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik, Kirsten Westphal.

"Man braucht unbedingt eine transparente und langfristige Lösung im Streit um die Weiterleitung russischen Gases. Neben mangelndem Vertrauen zwischen den Streithähnen, dem russischen Vorwurf des Gasdiebstahls und dem Streit um höhere Preise und Transitgebühren habe der Konflikt tiefere Ursachen, meinte Westphal. Dreh- und Angelpunkt sei dabei der "ominöse Zwischenhändler" Rosukrenergo. Dieser kauft Erdgas in den zentralasiatischen Ländern Turkmenistan, Usbekistan und Kasachstan. Dieses wird durch Gasprom-Pipelines bis an die russisch-ukrainische Grenze transportiert und an den ukrainischen Konzern Naftogas verkauft.

Der Großteil geht an die Ukraine. Nach dieser Übereinkunft soll die Ukraine bisher 179,50 US-Dollar (131,2 Euro) pro 1000 Kubikmeter Gas überwiesen haben, sagte Westphal. Das Preissystem sei aber sehr komplex. Der Rest des von Rosukrenergo vertriebenen Gases wird über ukrainische Transitpipelines in den Westen gepumpt. Dieser Teil gilt als sehr lukrativ, da der Westen mehr als doppelt so viel bezahlt wie die Ukraine. An Rosukrenergo sind sowohl Gasprom beteiligt als auch die beiden ukrainischen Oligarchen Dmitri Firtasch und Iwan Fursin, die zu den reichsten Männern der Ukraine gehören.
Für Gasprom war die Firma laut Experten bisher interessant, weil sie den Zugang zum ukrainischen Markt verschaffte.

In der ukrainischen Führung sei Medienberichten zufolge nun aber ein Streit entbrannt, erklärte die Berliner Wissenschafterin. Es seien immer wieder Gerüchte laut geworden, dass die beiden Oligarchen Firtasch und Fursin Präsident Viktor Juschtschenko nahestehen.
"Das Lager um Ministerpräsidentin Julia Timoschenko scheint Rosukrenergo dagegen als Zwischenhändler ausschalten zu wollen", sagte Westphal. "Das Mitmischen in dem Gasgeschäft ist extrem lukrativ." Nach Angaben der Financial Times Deutschland soll Rosukrenergo mit 50 Mitarbeitern von 2005 bis 2007 einen Reingewinn von 2,3 Mrd. Euro erwirtschaftet haben.
Deshalb torpediere das Unternehmen womöglich die Verhandlungen, um weiter an dem Geschäft beteiligt zu bleiben. Wie das Konsortium zum Bau der Ostsee-Pipeline, Nord Stream, hat auch Rosukrenergo seinen Sitz im schweizerischen Zug.

Es sei aber unklar, wer in der Ukraine und Russland alles an diesem Geschäft des Zwischenhandels mitverdiene, sagte Westphal. "Neben dem Aspekt des gewinnträchtigen Zwischenhandels geht es aber auch um die zukünftige Kontrolle der Gas-Pipelines." (mimo, dpa, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.1.1.2009)