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Der Ruf nach mehr Eigenversorgung wird zwar angesichts der Krise um die russischen Gaslieferungen immer lauter, in der Praxis zeichnet sich aktuell aber eher eine Gegenbewegung ab. Die derzeitigen Ausbauprojekte bei der Wasserkraft reichen gerade zur Abdeckung des steigenden Strombedarfs, und die vielzitierte Forcierung erneuerbarer Energien stockt.

Letztere Quelle wird im Augenblick durch die auf Talfahrt befindlichen Energiepreise verstopft. Öl der US-Marke West Texas Intermediate purzelte am Montag trotz Gas-Engpässen und Nahostkonflikt um knapp fünf Prozent auf unter 40 Dollar je Fass - seit dem Sommer haben die Notierungen somit um mehr als zwei Drittel eingebüßt. In die gleiche Richtung weist der Trend bei Strom, hier sanken die Preise an den Börsen in den letzten Monaten um fast ein Drittel.

Benzin billiger als Ethanol

Je billiger die konventionellen Energieträger zu haben sind, desto schwieriger wird es für alternative Anbieter. Die EU-Kommission setzt einen Ölpreis von 60 Dollar an, ab dem sich die Biodiesel-Produktion lohnt. Bei Ethanol liegt der Referenzwert sogar bei 90 Dollar. Vor dem Ölpreisfall war Ethanol billiger als Benzin, jetzt ist es wieder teurer, berichtet Ex-EU-Kommissar Franz Fischler. Er steht an der Spitze der "Initiative Bioethanol", sieht derzeit keinen Einbruch bei der Produktion, warnt aber: "Wenn die Energiepreise niedrig bleiben, kommt die Branche unter Druck."

Dass die Betriebe - wie etwa das neue Werk Pischelsdorf der Agrana - die Marktsituation aushalten, liegt an der verpflichtenden Beimischung von Ethanol zum Sprit und am Preisrückgang von Getreide, aus dem der Alkohol gewonnen wird. Mittelfristig werden die Preise wieder steigen, ist Fischler überzeugt, weshalb er am Ausbau von Ethanol festhält.

Besonders heikel ist die Situation bei Biodiesel, bei dem Gegenwind nicht nur von den Energiemärkten, sondern auch von der EU-Ebene kommt. Derzeit wird in Brüssel um ein CO2-Limit für Biodiesel gerungen; wird die Grenze verfehlt, darf die Energieform nicht als erneuerbar gewertet werden und fliegt aus Förderprogrammen hinaus. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, dass Biodiesel um 30 Prozent weniger CO2 als herkömmlicher Sprit ausstoßen soll. Im Laufe der Verhandlungen wurde der Zielwert auf 50 Prozent hinaufgeschraubt. "Wenn das kommt, hat Biodiesel keine Chance", kommentiert Fischler.

Nicht viel besser sieht es trotz angehobener Förderungen im Rahmen des Ökostromgesetzes bei den Biogasanlagen aus. Zudem leiden Windkraft und Photovoltaik unter den gefallenen Strompreisen an den Börsen. Dabei habe schon die Finanzkrise den Ausbau alternativer Stromerzeugung erschwert, erklärt Barbara Schmidt, Generalsekretärin des Verbands der Elektrizitätsunternehmen Österreichs (VEÖ). Insgesamt sieht sie bis 2020 die Chance, die Stromproduktion im Land um zehn Prozent zu erhöhen. Das entspräche der Summe aller Importe. Doch dieses Ziel dürfte nicht so leicht erreichbar sein, hängen doch zahlreiche Projekte in der behördlichen Warteschleife - oder werden abgelehnt. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.1.1.2009)