Ist das jetzt Wien, New York oder Accra? "Sneaker Stories"  porträtiert drei Streetball-Aktivisten an diesen Orten.

 

 

Foto: pooldoks

Wien - Was für die einen nur ein Turnschuh ist, daran hängt für andere ein ganzer Lebensentwurf: Die Wahl von Marke und Modell wird mit größter Sorgfalt getroffen. Der Erwerb verspricht schließlich nicht weniger als ein bisschen Teilhabe an einer Welt, die ansonsten denkbar fern ist.

Sneaker Stories heißt Katharina Weingartners aktueller Dokumentarfilm. Die österreichische Journalistin und Filmemacherin porträtiert darin drei junge Männer, die ein gemeinsamer Lebenstraum verbindet: Adrian, Karl und Aziz wollen es unbedingt in die NBA, in die US-Basketball-Profiliga, schaffen. Aber noch spielt Adrian Streetball in einem Käfig am Wiener Margaretengürtel, Karl auf einem Platz mitten in einem Riesensozialbau in Brooklyn und Aziz am Rand von Accra in Ghana.

Allerdings ist schon der Alltag von Adrian in Wien, wo der Film beginnt, geprägt von jenen Bildern und Praktiken, Verheißungen und Produkten, die große Sportartikelkonzerne und deren Marketing- und PR-Abteilungen lancieren. Der Kreislauf aus Lebensrealität, ihrer professionellen Umdeutung in coole, verkaufsfördernde Images und der Rückwirkung dieser Images auf Sportbegeisterte rund um den Erdball bildet den Hintergrund des Films.

Anders als in Weingartners too soon for sorry (2001) bleiben einschlägige Recherchen oder Informationen über Umsätze und Ähnliches diesmal jedoch auf der Leinwand weitgehend ausgespart. Gezeigt werden primär konkrete Erfahrungen. Die mitunter allzu wendige Kamera bleibt nah an den Protagonisten, an ihren Trainingsroutinen oder ihrem Spiel.

Beziehungsweise nimmt sie deren eigene Reflexion der (Miss-) Verhältnisse auf: etwa eine höchst emotionale Diskussion zwischen jungen Männern in New York, die unterschiedliche Standpunkte gegenüber Marktführern wie Nike vertreten. Kein Schwarzer würde schließlich mit vorgehaltener Waffe zum Kauf eines bestimmten Produkts gezwungen, meint der eine. Nein, aber auch Marketing könne wie eine Waffe funktionieren, entgegnet sein Kontrahent.

Wie zur Bestätigung nimmt später ein Firmenvertreter das Anliegen des im Nachwuchssport engagierten Karl gerade noch höflich-desinteressiert zur Kenntnis. Oder assoziieren Schüler in Accra bei einer Führung durch eine ehemalige portugiesische Festung zum einstigen Brandmarken der Sklaven gleich das gegenwärtige "Branding" durch Markenlogos.

Denn nicht einmal, wenn die Schuhe zu klein oder zu kaputt geworden sind, verlieren sie ihren Nimbus: Hoch oben an Leitungsdrähten baumelnd, bleiben sie auch dann noch präsent. (Isabella Reicher / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.1.2009)