Frankfurt ist nicht Washington. In der deutschen Finanzmetropole sitzt die Europäische Zentralbank, die am Donnerstag ihre Zinszügel kräftig lockerte, aber immer noch einigermaßen fest im Sattel sitzt. In den USA wird der Rodeo-Stil bevorzugt - die amerikanische Notenbank hat die Zügel bereits aus der Hand gegeben.

Da lässt sich natürlich trefflich streiten, ob der wilde Ritt des Ben Bernanke nicht die angemessenere Reaktion auf die wirtschaftlichen Bocksprünge darstellt. Und Jean-Claude Trichets Dressur-Stil in der rauen Wildnis deplatziert ist. Doch die geldpolitischen Konzepte dies- und jenseits des Atlantiks sind unterschiedlich angelegt, weshalb die Gesamtsicht entscheidend ist. Hier ein stärker auf Preisstabilität ausgerichtetes Modell, das nicht selten die Scharten der nationalen Wirtschaftspolitik auswetzen muss. Dort ein flexibleres Zusammenspiel des Weißen Hauses und der Notenbank, die rascher und intensiver auf Zyklen reagieren, dafür aber auf monetäre Gefahren pfeifen.

Besser oder schlechter ist da nicht die Frage. Einfach anders, entsprechend den unterschiedlichen Kulturen. Fakt ist freilich auch, dass der Rodeo-Ritt Washingtons mit größeren Risiken verbunden ist: Das Pulver wurde in den USA - Obama hin oder her - weitgehend verschossen, ohne viel zu bewirken. Europa hat noch - wenngleich gefährlich schrumpfenden - Spielraum; sowohl bei den Zinsen als auch in den Budgettöpfen. Ganz abgesehen davon kann man sich Trichet schwerlich als Cowboy vorstellen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.1.2009)