Zum einen gibt es "Licht ins Dunkel", die weihnachtliche Spendenaktion. Einmal jährlich wird so die Situation von Menschen mit körperlichen und intellektuellen Beeinträchtigungen breitenwirksam in die Öffentlichkeit gerückt, nett und rührselig verpackt. Auf der anderen Seite weiß man erstaunlich wenig über die konkrete Situation dieser Menschen. Auch der Wissenschaft liegen nur ein paar allgemeine Daten vor - zum Beispiel, dass rund 0,6 Prozent der Österreicher von intellektuellen Beeinträchtigungen betroffen sind, also rund 50.000.

Wo und wie diese Menschen Beschäftigung finden, ob es Möglichkeiten gibt, sie bei geeigneten Hilfestellungen auch am allgemeinen Arbeitsmarkt einzusetzen, darüber herrscht hingegen weitgehend Datendunkel. Allem Anschein nach dürfte in Österreich aber ein Ersatzarbeitsmarkt aus "geschützten Werkstätten" mit Arbeits- und Beschäftigungstherapie vorherrschend sein, während man etwa in Skandinavien mit der Integration schon weiter ist.

Um Licht in die Beschäftigungslage intellektuell beeinträchtigter Personen zu bringen, hat ein Team um Gottfried Biewer vom Institut für Bildungswissenschaft der Uni Wien kürzlich ein Forschungsprojekt gestartet, das nicht nur vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützt wird, sondern auch von öffentlichen Stellen und Behindertenverbänden, so Biewer im Gespräch mit dem Standard.

Das Sozialministerium und das Unterrichtsministerium sind vor allem an der Totalerhebung von Strukturdaten aus dem Ersatzarbeitsmarkt bzw. zu arbeitsmarktpolitischen Unterstützungsmaßnahmen interessiert, die das Projektteam seit Jahresbeginn erstmals einheitlich erfasst. Ab dem Frühjahr werden dann auch noch möglichst alle Schüler mit intellektueller Beeinträchtigung erhoben, die im Jahr 2009 in Österreich die Schule verlassen und ins Arbeitsleben eintreten.

Neben der erstmaligen gesamtösterreichischen Datenerhebung leistet das neue Projekt aber auch noch methodisch Pionierarbeit, so Biewer: "Wir erheben und analysieren nämlich auch die subjektiv erlebten Erfahrungen von intellektuell beeinträchtigten Menschen." Mit anderen Worten: Etliche Personen mit intellektueller Beeinträchtigung werden als "Experten in eigener Sache" in die Interpretation der Daten einbezogen.

Der Grund dafür liegt auf der Hand: Die Erfahrungen der Behinderten sind häufig von Kränkungen und Zurückweisungen geprägt. "Darum ist es auch so wichtig, sie selbst zu befragen und mit diesen Daten ihre Lebenswelt unter Bezugnahme auf die persönlichen, familiären und beruflichen Umgebungen zu rekonstruieren."

Behinderte Menschen können so aber auch eigene Interpretationen von Aussagen in die Interviews einbringen. Und das kann die Sichtweisen der professionellen Forscher nicht selten um unerwartete Aspekte erweitern. (Klaus Taschwer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21. Jänner 2009)