Foto: AP/Antonio Calanni

Im kommenden Winter brauchen Männer Mäntel, fand Miuccia Prada. Am besten mit ordentlich Nieten drauf.

Es gibt sie noch, die guten Nachrichten. Etwa von den Mailänder Herren-Modeschauen für Herbst/Winter 2009/10. Das Leiden der Krokodile etwa, die ihre Haut in den vergangenen Saisonen für überdimensionale Taschen lassen mussten, hat ein Ende. Wer will schon in Zeiten wie diesen mit einer Krokotasche gesehen werden? Außer bei Gucci und Dolce & Gabbana hat sie kaum jemand im Angebot.

Dunkle Vernunft

Aufmuntern können die Modeszene selbst solcherlei Nachrichten nicht. Sie ist mit den schwierigsten Modewochen seit Jahrzehnten konfrontiert. Viele Einkäufer sind erst gar nicht in die Stadt gekommen, und wenn ja, mit einem deutlich verringerten Einkaufsbudget. Geordert wird, was dunkel und vernünftig ist. Sprich: Miuccia Prada hat diesmal sogar Mäntel im Angebot.

In der letzten Wintersaison hat sie nonchalant darauf verzichtet (die Erderwärmung hätte es richten sollen), diesmal wimmelt es bei ihrer Show nur so von schweren, kragenlosen, grauen Mänteln. Die schönsten sind über und über mit Nieten besetzt.

Die Zeit sei gegen Experimente, diktiert sie nach ihrer beeindruckenden, weil enigmatisch dunklen Modeschau in die Mikrophone. Da liegt sie richtig: Weder sie selbst noch das Gros ihrer Kollegen gehen welche ein.

Italo-Eleganz

Sie recyceln die Ideen der vergangenen Jahre (Dolce & Gabbana huldigen wie in ihren Anfangszeiten Sizilien), sie konzentrieren sich auf die italo-elegante Standardgarderobe (die Versace-Show dekliniert sie in einer Farbpalette von Schneeweiß bis Metallic-Petrol) oder sie setzen auf die Insignien ihres Labels (bei Christopher Bailey gab es noch nie so viele traditionelle Burberry-Schals). Reduktion auf das Wesentliche nennt man das.

Nach den Persianer-, Schlangenleder- und Herrentaschen-Exzessen der vergangenen Jahre ist das mitunter wohltuend. Und klärt den Blick: Frida Giannini etwa, die bei Gucci in der Vergangenheit mit Kosakenmode für gelangweilte Milliardäre auffiel, die gerne ihn St. Moritz oder Gstaad andere gelangweilte Milliardäre übertrumpfen möchten, tut die Reduktion gut.

Ihr Faible für englische Gitarrenbands hat zwar ihre Vorstellung davon, was eine Hose ist, ins Wanken gebracht (was sie zeigt, sind Leggings), die New-Wave-Sakkos sitzen aber richtig gut - vorausgesetzt man hat den entsprechend schmalen Körperbau.

Dieser ist auch bei vielen anderen Labels weiterhin vonnöten. Bei Burberry atmete man auf, wenn es die minderjährigen Models bis zum Ende des Laufstegs schafften, bei Jil Sander dürften dagegen die Jungs selbst die Luft angehalten haben.

Bauch einziehen

Sander-Designer Raf Simons steckt sie in Mäntel mit einer Sanduhrensilhouette. Keine Naht verläuft in seiner Kollektion gerade, selbst die Pullover haben am Oberarm deutlich hervortretende Rundungen. Aus Bohnenstangen werden durch die skulptural eingesetzten Nähte Herkulesse.

Ob allerdings auch die Einkäufer diese Kollektion stemmen werden? Muskeln braucht man dafür nicht, Mut schon. Bleibt abzuwarten, wovon sie mehr haben. (Stephan Hilpold/Der Standard, Printausgabe 21. Jänner 2009)