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Bei 19 Millionen Dollar fiel im Mai 2008 der Hammer bei Christie’s. Kurze Zeit später platzte der Verkauf des nach einem Entwurf von Richard Neutra erbauten Kaufmann House.

 

 

Foto: Reuters/Getty Trust

Ikonen der Architekturgeschichte werden eine Ausnahme bleiben.


Wien - Fräg macht es möglich. Gemeint ist nicht der gleichnamige Zwerg (Fräg, der Berühmte) aus dem Schöpfungsmythos der nordischen Mythologie, sondern ein Gesetz mit der etwas sperrigen Bezeichnung "Feilbietungsrechtsänderungsgesetz" . Dieses ist in Österreich seit 1. Jänner wirksam und ermöglicht erstmals die freiwillige Auktion von Immobilien. Im Gegensatz zu meist unfreiwilligen Zwangsversteigerungen bzw. Bieterverfahren von Notaren kann diese Verkaufsform von Privat- und Großkunden (z.B. Banken, Versicherungen) genützt werden.

Die Chance, sich in dieser neuen Marktnische zu etablieren, will das Dorotheum ergreifen. Bereits im September 2008 hatte man sich zur Gründung einer entsprechenden Fachabteilung zwei Spezialisten geholt: Neben Konrad Abensperg-Traun, zuletzt bei CB Richard Ellis für Immobilienmanagement zuständig, Isabella Jandl, ehemalige Geschäftsführerin der BA-CA Immobilienservice GmbH und zuletzt für Investitionen der weltweit zweitgrößten internationalen Maklergesellschaft (Debenham Tie Leung Zadelhoff) zuständig.

Das Auktionsdebüt ist für den 1. Juni geplant, für den im April erscheinenden Katalog ist man freilich noch auf der Suche nach entsprechenden Eigenheimen oder auch Betriebsstandorten. Geeignet seien natürlich nur marktgängige Immobilien, keine Ladenhüter. Idealer Zeitpunkt für einen Einstieg in dieses Segment, gerade angesichts der internationalen Immobilienkrise? Und ob, bestätigt Isabella Jandl, "Käufer wollen Sachwerte" , so das Argument. Dazu bietet das Dorotheum neben einem transparenten, weil öffentlichen Verfahren, auch absolute Rechtssicherheit. "Mit dem Zuschlag erfolgt quasi der Eintrag in das Grundbuch" , versichert die Juristin.

Vorerst soll dieses neue Standbein nur in Österreich und über das Filialen-Netzwerk in den Bundesländern angeheizt werden. Die Anzahl der Auktionen soll sich künftig auf vier jährlich belaufen, 2009 ist noch eine weitere im November geplant.

Seltene Juwelen

Umsatzerwartungen kann und will man derzeit keine nennen. Nur so viel: Allein in Deutschland würde der Absatz aus Immobilienauktionen mit jährlich etwa 120 Millionen Euro zu Buche schlagen, in den USA gar auf geschätzte 50 Milliarden. Sowohl Sotheby's als auch Christie's sind im Immobilienbereich seit Jahrzehnten im Geschäft. Allerdings wechseln die Eigenheime mehrheitlich in Maklermanier den Besitzer, nur Architekturjuwelen auch über den Auktionssaal.

Im Imperium Francois Pinaults ist dafür seit Mitte der 90er-Jahre die Tochtergesellschaft "Christie's Great Estates" zuständig. Das Maklernetzwerk umfasst 850 Niederlassungen in 40 Ländern weltweit. Sotheby's lagerte seine 1976 gegründete Tochtergesellschaft ("Sotheby's International Realty" ) samt Markennamen über einen Franchisevertrag 2004 an die Realogy Corporation (470 Niederlassungen in 29 Ländern) aus.

Zu den bislang legendärsten Immobilien, die international unter den Hammer gelangten, gehört neben Jean Prouves Maison Tropicale (2007 brachte es Christie's 4,96 Mio. Dollar ein) das Farnsworth House. Das 1951 fertiggestellte Meisterwerk von Mies van der Rohe, errichtet für eine prominente Familie aus Chicago, wechselte im Dezember 2003 im Rahmen einer Designauktion von Sotheby's in New York für 7,5 Millionen Euro den Besitzer.

Die Kehrseite der Medaille, wenn es um historisch relevante Architektur geht, musste Christie's erst im Mai vergangenen Jahres kennenlernen: Am 13. Mai 2008 erfolgte für Richard Neutras 1946 im Auftrag von Edgar J. Kaufmann Sr. erbauten Bungalow in Palm Springs samt zugehöriger Obstplantage der Hammerschlag bei 19,02 Mio. Dollar. Kurze Zeit später war der Deal vom Tisch. Offiziell wollte der neue Besitzer dem Kaufvertrag nicht in vollem Umfang zustimmen. Mit anderen Worten scheiterte der Verkauf an Klauseln der Vorbesitzer, die das Anwesen in Palm Springs über Jahre liebevoll in den Originalzustand versetzt hatten.

Auch in Österreich stehen immer wieder Ikonen der heimischen Architekturgeschichte zum Verkauf. 2003 wechselte über Sotheby's die 1923/24 nach einem Entwurf Josef Hoffmanns am idyllischen Südufer des Wörthersees erbaute Villa Ast für 3,5 Millionen Euro den Besitzer; via Christie's 2006 eine 1912/13 Adolf-Loos-Villa in Wien Hietzing (Larochegasse 3, damaliger Kaufpreis 2,2 Mio. Euro). Künftig könnten diese Immobilien auch über Auktionen den Besitzer wechseln, das Dorotheum würde hier zweifellos mit seinem kunstaffinen internationalen Kundenstock punkten. (Olga Kronsteiner / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.1.2009)