Niemand kann allen Ernstes behaupten, dass sich die Italiener je auf ihre Politiker verlassen hätten können. Aber so verlassen wie dieser Tage waren die vielgeprüften Bürger unseres Nachbarlandes noch selten. Die Mitte-links-Opposition liegt in Agonie darnieder, die Regierung von Silvio Berlusconi ist durch bizarre interne Streitereien gelähmt - und währenddessen macht die Großkrise der ohnehin schon seit Jahr und Tag schwächelnden italienischen Wirtschaft mehr zu schaffen als anderswo. Den nötigen Ernst, sich Konzepte dagegen einfallen zu lassen, bringt in der politischen Kaste trotzdem niemand auf.

Wie kann so etwas zustande kommen? Verantwortungsgefühl in der Politik mag in vielen Ländern nur in Spurenelementen vorhanden sein. Aber so verkommen wie der Politbetrieb in Italien ist die Lage nirgendwo - der Staat, hypertroph und gleichzeitig erodierend, gilt gewählten Volksvertretern als Selbstbedienungsladen. Und die Situation scheint heute fast noch schlimmer zu sein als anfangs der 1990er-Jahre, als die korrupte und schamlose 1. Republik im Sumpf der "Mani pulite"-Ermittlungen versank.

Die Bürger nehmen das hin und verarmen fidel, unterhalten von oft grenzschwachsinnigen TV-Programmen auf den Kanälen ihres realitätsverweigernden Ministerpräsidenten. Aber selbst im Bel Paese, dem schönen Land, in dem die Leichtlebigkeit Programm sein mag, wird irgendwann der politische Saldo zu machen sein. Dass der tiefrot ist, ist keine Frage. Der politische Bankrott ist erklärt. Aber wann wird der ökonomische folgen?  (Christoph Prantner/DER STANDARD, Printausgabe, 23.1.2009)