Warschau - Derzeit überbieten sich die größten polnischen Parteien mit Vorschlägen zur Steigerung der Geburtenrate im Land. Polen liegt diesbezüglich nämlich innerhalb der EU an vorletzter Stelle. ExpertInnen fürchten, dass die Wirtschaftskrise die demografische Situation noch weiter verschlechtern wird.

"Wir müssen Vorschriften erarbeiten, die die Polen zum Familienzuwachs ermuntern", sagte die Regierungsbeauftragte zur Gleichbehandlung von Frauen und Männer, Elzbieta Radziszewska, von der rechtsliberalen Regierungspartei Bürgerplattform (PO) gegenüber der Tageszeitung "Gazeta Wyborcza". Ihrer Meinung nach muss die Regierung schnell agieren. "Frauen hören auf, an das Kinderkriegen zu denken. ArbeitgeberInnen entlassen sie in der Krise zuerst."

Familienbetreuung

Die PO erwägt unter anderem Einführung der Institution der FamilienbetreuerIn, die sich in ihrem Haus um Kleinkinder der Nachbarn kümmert und vom Staat bezahlt und überwacht wird. Laut der PO-Politikerin funktioniert dieses System in Frankreich mit Erfolg. Das Arbeitsministerium unterstützt diese Idee. Radziszewska will auch Kinder-Subventionen für Familien mit sehr niedrigem Einkommen.

Die rechtskonservative Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) schlägt vor, dass künftig auch die Großeltern den drei Jahre langen Erziehungsurlaub nutzen können sollen. "Das würde den Müttern erleichtern, ihre Arbeitsplätze zu behalten", sagte die ehemalige Arbeitsministerin Joanna Kluzik-Rostkowska von der PiS im Gespräch mit der "Gazeta Wyborcza". Die Familie müsste kein Geld für teure Babysitter ausgeben, und der Staat würde während des Erziehungsurlaubs die Pensionsbeiträge für die Großmütter übernehmen. "Auch US-Präsident Barack Obama wurde von Großeltern erzogen, als seine Mutter Berufskarriere machte", scherzte der ehemalige Finanzminister und PiS-Familienexperte Miroslaw Barszcz.

1,3 Kinder

Polen hat mittlerweile mit 1,3 Kindern pro Frau eine der niedrigsten Geburtenraten in Europa. Nur die Slowakei steigt in dem Ranking schlechter aus. Eine Geburtenrate von mehr als zwei ist notwendig, damit die Bevölkerungszahl stabil bleibt. Zum letzten Mal war dies in Polen vor 20 Jahren der Fall. Das polnische Statistikamt warnt, es im Jahr 2016 nur noch 38 Millionen Polen geben wird. In 25 Jahren soll die Zahl bis auf 36 Millionen schrumpfen. (APA)