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Welchen Weg die Linien einschlagen, entscheidet die interne Prüfung.

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Wien - "Skandal bei den Wiener Linien" ist der Titel des Schreibens, das vor kurzem an den Vorstand der Wiener Linien und alle politischen Fraktionen im Wiener Rathaus erging.  Die Vorwürfe, die in dem Brief erhoben werden, könnten zu einem größeren Erdbeben im Unternehmen führen - wenn sie sich als wahr herausstellen. Denn obwohl als Absender "Facharbeiterbelegschaft" angegeben ist, geht man bei den Wiener Linien von einem anonymen Beschwerdenführer aus. Im Brief, der dem STANDARD vorliegt, ist die Rede von "jahrelangen Missständen und internen Betrügereien".

Konkret geht es um bis zu 80 Überstunden monatlich, die sich namentlich genannte leitende Angestellte eines Fachbereichs verrechnen ließen, diese aber nicht gearbeitet haben sollen. Auch gemietete Dienstwagen, Kleinlaster und Pkw sollen sie privat gefahren haben - damit sie nicht weggenommen werden. Ein Vorgesetzter soll die Anweisung gegeben haben, die Autos auch privat zu fahren, da ansonsten die Auslastung zu gering gewesen und somit nicht alle Wagen erforderlich wären, lautet der Vorwurf. Jener Vorgesetzte wird von dem oder den Briefschreibern insofern weiter in schiefes Licht gerückt, als er die Vermieter der Dienstwagen kennen soll und dadurch auch in deren Geschäftsinteresse gehandelt haben soll.

Kein Kommentar

Johann Ehrengruber, Sprecher der Wiener Linien, will im Gespräch mit dem STANDARD die Vorwürfe nicht weiter kommentieren. "Wir haben die interne Kontrollinstanz eingeschaltet." Matthias Tschirf, Klubobmann der Wiener ÖVP, fordert von der zuständigen Stadträtin Renate Brauner (SPÖ) eine "rasche Untersuchung und umgehende Konsequenzen", sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten. "Die Kontrolle dürfte total versagen", sagte Tschirf.

Das hört man bei den Wiener Linien nicht zum ersten Mal: Einen ähnlichen Befund erstellten vor kurzem auch die Prüfer des Rechnungshofes. In einem aktuellen Bericht konstatieren sie: "Bei der Verlängerung der U-Bahn-Linien U1 und U2 versagte das interne Kontrollsystem der Wiener Linien". Demnach habe es Mehrkosten und Fehlberechnungen in der Höhe von 8,95 Millionen Euro gegeben. "Von ‚Versagen‘ kann in keiner Weise gesprochen werden," entgegnete die Geschäftsführung.

Eine gute Nachricht aus dem in Kritik geratenen Unternehmen gab es am Freitag: Vizebürgermeisterin Brauner sagte, dass derzeit nicht feststehe, dass die Öffi-Tarife im Sommer erhöht werden. Die Wiener Stadtwerke, zu denen auch die Wiener Linien gehören, wollen in den kommenden fünf Jahren 4,2 Milliarden Euro in den Ausbau von Infrastruktur investieren. 1,4 Milliarden will sich Brauner den U-Bahnausbau kosten lassen.

Nicht geleistete, aber verrechnete Überstunden, private Fahrten mit Dienstwagen: In einem anonymen Brief werden Führungspersonen der Wiener Linien "Betrügereien" vorgeworfen. (Marijana Miljkoviæ/DER STANDARD-Printausgabe, 24.1.2009)