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Komplizierte chirurgische Eingriffe sollen in Zukunft vom örtlichen LKH in Bad Aussee ins nächste Schwerpunktspital verlagert werden. Die Landespolitik hat ein Wahlkampfthema gefunden.

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Die ÖVP unterstützt die Proteste, die sich gegen den SPÖ-Spitalslandesrat richten. Ein Wahlkampf-Vorspiel.

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Bad Aussee / Graz - Hier gab's für Helmut Hirt nichts zu gewinnen. Mit Trillerpfeifen, Kuhglocken und jeder Menge Ablehnung wurde der steirische SP-Gesundheitslandesrat dieser Tage in Bad Aussee empfangen.

Hirt wollte im dortigen Kurhaus erklären, warum das Ausseer Spital zwar neu gebaut werde, aber ohne Chirurgie auskommen müsse. Weil sich eben gezeigt habe und worauf Bundes- und Landesrechnungshof dringend hingewiesen hatten, dass in Aussee zu wenig oft operiert werde. Das Einzugsgebiet sei zu klein - und daher könne eine qualitativ hochwertige chirurgische Abteilung auf Dauer nicht mehr aufrechterhalten werden.

Also habe man, argumentierte Hirt, im Sinne des neuen Gesundheitsplanes, der in der ganzen Steiermark Schwerpunktspitäler vorsieht, ein Chirurgiezentrum im nicht weit entfernten Rottenmann geplant. Das Publikum im Kursaal war schon bei den Eingangsworten ausgestiegen, denn Hirts Argumente wollte ohnehin keiner hören. Den Aussern geht es darum: Zuerst habe man der Region das Bezirksgericht weggenommen und jetzt stehe die Gesundheitsversorgung der Region am Spiel. Ein Diskussionteilnehmer erklärte den Notstand: "Wenn ein Ausseer seinen Kirchturm nicht mehr sieht, geht es ihm nicht mehr gut." Soll heißen: Dann verzögere sich auch die Genesung, sollte er im LKH in Rottenmann behandelt werden. Was sich vordergründig als Sorge um die medizinische Versorgung darstellt, ist im Hintergrund die Projektionsfläche für einen sich aufbauenden politischen Streit im Vorfeld der Landtagswahlen 2010. Es geht um "eine der am heißesten umkämpften Gebiete", sagt die Klubobfrau der Grünen, Ingrid Lechner-Sonnek, die in der Sache mit Hirt mithält. Sie ist von der Sinnhaftigkeit einer neuen chirurgischen Organisation, wie sie schon in anderen Bezirken funktioniert, überzeugt.

Kampf um rote Region

Die SPÖ hatte das Ausseer Oberland politisch umgedreht. Die ÖVP hofft nun, über die Spitalsdebatte und Unterstützung der Ausseer wieder ins Rennen zu kommen und die Region zurückzuerobern.

ÖVP-Chef und Landeshauptmann-Vize Hermann Schützenhöfer hält der SPÖ jetzt die alte Sünde der gebrochenen Wahlversprechen vor die Nase. Er habe 2005 - zwar mit großen Bedenken - einem Beschluss der Landesregierung zur Erhaltung der Chirurgie zugestimmt. Schützenhöfer: "Was man verspricht, muss man auch halten." KPÖ-Landtagsklubchef Chef Ernest Kaltenegger pflichtet bei.

Helmut Hirt hält entgegen, mittlerweile gebe es zwei Rechnungshofberichte, die dringend abraten, mehr als eine Notfallversorgung zu installieren. Es stelle sich aber grundsätzlich die Frage, "inwiefern man im Gesundheitswesen heute überhaupt noch Reformen umsetzen kann." Lechner-Sonnek: "Es ist schrecklich, wie die ÖVP mit den Ängsten der Bevölkerung spielt und sie schürt. Ich bin von Schützenhöfer sehr enttäuscht."

Schützenhöfer dreht den Spieß um und attackiert die SPÖ: "Was sich da abspielt, ist ein unwürdiges Schauspiel auf Kosten der Bevölkerung im Ausseerland. Ich appelliere an Landeshauptmann Franz Voves, zu seinem Wort zu stehen." Der Landtagswahlkampf 2010 dürfte in Bad Aussee eröffnet worden sein. (Walter Müller, DER STANDARD, Printausgabe, 27.1.2009)