Wien - Man kennt ja einige so genannte Kulturvermittlungsprogramme, in Zusammenhang mit dem feigen und nichts sagendem Wort "Dialog". Da werden Austellungen ins ferne Ausland gebeamt, die höchstens als Kittmasse im diplomatischen Parkett dienen, als Schmiere und Behübschung für die Wirtschaft.

Erfrischend anders auch als bierernst-betroffene Sozialkunst, mit studentischem Charme und auf hohem Niveau gestaltet sich hingegen "urban orient-ation" im Project Space der Kunsthalle Wien am Karlsplatz. Uniprofessor Christian Reder und sein Institut für Medienkunst an der Hochschule für angewandte Kunst haben die Attribute ihrer Lehrkanzel "Kunst-und Wissenstransfer" (w)örtlich genommen. Eine 30-köpfige Gruppe aus vielen Uni-Meisterklassen, die Mehrzahl Frauen, lebte und werkte im Vorjahr für durchschnittlich fünf Wochen in Damaskus.

Reiseführer

Für ihr "Transfer Projekt Damaskus", das die unterschiedlichen Stadträume unaufgeregt locker thematisiert, recherchierten die internationalen Studierenden in den beiden Städten Damaskus und Wien. Zu lesen als "Reiseführer und Gedankenkartografie" ist auch der von Reder und Simonetta Ferfoglia herausgegebene Katalog in Deutsch und Arabisch, "künstlerisch-essayistische Sichtweisen einer Annäherung".

Nikolaus Gansterer ging von Stadtplänen aus, mixt u.a. auf seinem Stadtplan Mapping the Difference augenzwinkernd Reales mit Fiktivem, überblendet den Karlsplatz auf den Scheiben der Ausstellungshalle. Von persönlichen Geschichten und Kontakten ging hingegen Gabi Wagner aus, indem sie unterschiedlichsten Personen in Wien und Damaskus bestimmte Situationen zum fotografischen Dokumentieren aufgab. Andere begleiteten eine Person einen Tag lang und setzten dies künstlerisch um.

Fotofiktionen

Fotos, die mit Orient-Klischees spielenm, sind auch das Ergebnis der Arbeit von Cem Yücetas. Er ließ "typische", klischierte Situationen in Damaskus stellen, etwa Treffen zum Tee im Freien. Andererseits sind seine Fotos bunt eingefärbter Osterküken kein Fake. Für den in Syrien lebenden Palästinenser Erfan Khalifa, derzeit Stipendiant in der Fotografieklasse, gestaltete sich der verkabelte Wiener Himmel als ungewöhnlich und deshalb als Ausgangspunkt seiner Fotogeschichten. Der Weg (durch die Institutionen) zur Befragung des einzigen syrischen Kosmonauten war das Ziel für Florian Bettel/ Barbara Lippe.

Christian Reder will nach diesem hohen Output Projekte dieser Art in den südlichen und östlichen Randzonen der Europäischen Union in den nächsten Jahren forcieren. (DER STANDARD Printausgabe, vom 8./9. März 2003)