Im Wiener Polizeigefängnis werden die Schubhaftzellen leerer. Saßen 2003 noch fast 4000 Menschen ein, waren es 2008 nur mehr 1839

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Kriminalitätsgefährdete "Illegale" und mühsames Arbeiten wegen des Asylrechtes: Der Wiener Spitzenpolizist Willfried Kovarnik zog Bilanz. Handlungsbedarf gab es für die Fremdenpolizei im Vorjahr seltener - Michael Möseneder

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Wien - Eines möchte Willfried Kovarnik, der Leiter der Verwaltungspolizeilichen Abteilung in Wien klarstellen: "Ich sage nicht, dass alle Asylwerber kriminell sind." Aber: "Es passiert in großer Zahl, dass Kriminelle das Asylrecht missbrauchen", erläutert er Mittwochvormittag bei der Präsentation der Jahresbilanz seines Ressorts. Den Konnex zwischen Fremden und Kriminalität stellt er dennoch her: "Jeder nicht gefasste Illegale könnte möglicherweise zum Kriminellen werden", zeigt er sich einleitend überzeugt.

Kettenasylanträge sind mühsam

In insgesamt 1863 Fällen musste demnach aus Kovarniks Sicht die Wiener Bevölkerung Angst haben - so viele illegal nach Österreich Eingereiste wurden nämlich 2008 von der Polizei entdeckt. 990 von ihnen stellten einen Asylantrag erst nachdem sie erwischt worden sind, wundert sich der Spitzenbeamte. Der auch klagt, "dass das Asylrecht unsere Arbeit stark beeinträchtigt." Denn besonders Kettenasylanträge - bei denen jeweils ein neuer, leicht veränderter, Antrag gestellt wird, sobald der vorige negativ entschieden worden ist - findet er mühsam.

Rekord: Neun Anträge

Oft würde dies nämlich von Straftätern ausgenutzt - als Beispiel nennt er einen Kosovoserben, der im Jahr 2002, drei Jahre nach dem Ende des Kosovokrieges, nach Österreich gekommen und einen Asylantrag gestellt hatte. Insgesamt wurde der Mann dann wegen zweier Straftaten zu sieben bzw. 18 Monaten Haft verurteilt - indem er den mittlerweile vierten Antrag gestellt hat, sei er noch immer hier. Der "Rekord" in Kovarniks Abteilung liegt bei neun aufeinanderfolgenden Anträgen.

Abschieben im Asylverfahren

Sein Wunsch an die Politik: "Der erste Antrag sollte den vollen Instanzenzug bis zum Höchstgericht gehen, darüber gibt es keine Diskussion." Nicht mehr ab dem zweiten Antrag: "Sollte der in der ersten Instanz wieder abgelehnt werden, sollte es die Möglichkeit geben, den Betreffenden abzuschieben. Das Ergebnis der Berufung müsste er dann zu Hause abwarten." Ob diese Regelung auch für Asylwerber aus Krisengebieten wie Tschetschenien oder Georgien gelten sollte, beantwortet Kovarnik nicht wirklich.
Beim Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen wurde die Bitte um einen Rückruf und eine Einschätzung dieses Wunsches bis Redaktionsschluss nicht erfüllt.

Aufenthaltsverbote

Insgesamt verwundert es allerdings etwas, dass sich die Fremdenpolizei über die starke Arbeitsbeeinträchtigung beklagt. Denn die Zahl der "aufenthaltsbeendenden Maßnahmen" ist zwischen 2007 und 2008 um zwölf Prozent auf 3026 Stück zurückgegangen. Auffällig allerdings: Aufenthaltsverbote werden mittlerweile in 72 Prozent der Fälle ausgesprochen, da der Betroffene rechtskräftig von einem Gericht verurteilt worden ist.

Weniger Schubhaften

Auf niedrigem Niveau bleibt auch die Zahl der Schubhaften. Wurden im Jahr noch 3963 Menschen eingesperrt, um ihre Abschiebung sicherzustellen, waren es fünf Jahre später nur mehr 1839.

Eine Auffälligkeit gibt es in der Verwaltungspolizeilichen Abteilung noch: Im Vorjahr wurde demonstriert wie noch nie. 5506 Kundgebungen wurden angemeldet, rein rechnerisch 15 pro Tag. Allerdings: Viele davon waren nur pro forma, auf der Straße stand dann niemand. (Michael Möseneder, DER STANDARD Printausgabe 5.2.2009)