Karikatur aus der Zeitschrift "Die Wespen" (1907)

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Wer waren die acht ersten Volksvertreterinnen Österreichs? Die Christlichsoziale Dr. Hildegard Burjan, aus jüdisch-liberaler Familie zum Katholizismus konvertiert, hatte als eine der wenigen Frauen einen akademischen Abschluss erwerben können. Sie gründete 1919 die "Caritas socialis" und gab dafür die Politik ("Gleicher Lohn für gleiche Arbeit") auf.

Sozialdemokratinnen gab es sieben: Adelheid Popp - als 15. Kind einer Weberfamilie schon mit zehn Jahren zur Fabriksarbeit gezwungen - war Mitbegründerin der Arbeiterinnen-Zeitung und die erste Frau, die im Parlament eine Rede hielt, zum Adelsaufhebungsgesetz. Ihr Name stand auch auf dem ersten Gesetzesentwurf, der von einer Frau eingebracht wurde. Es ging um bessere staatliche Hilfen für Familien von Gefallenen, Kriegsgefangenen und Vermissten.

Auch Gewerkschafterin Anna Boschek hatte nach dem Tod des Vaters schon als Neunjährige die Schule abbrechen müssen, um als Heimarbeiterin Geld zu verdienen. Therese Schlesinger, aus liberal-jüdischem Fabrikantenhaus, kam von der bürgerlichen Frauenbewegung 1897 zu den Roten. Ihr erster Antrag galt der Zulassung weiblicher Schüler an allen Schulen.

Die aus wohlhabender Bürgermeisterfamilie stammende Emmy Freundlich brannte mit ihrem jüdischen Freund nach Schottland durch, um den Sozialdemokraten dort zu heiraten. Sie beschäftigte sich mit ökonomischen Fragen.

Amalie Seidel, schon mit zwölf Jahren Dienstmädchen, organisierte 1893 den ersten Arbeiterinnenstreik Österreichs für einen arbeitsfreien 1. Mai und einen Zehn-Stunden-Arbeitstag (statt 13) und widmete sich der Jugendfürsorge.

Als einzige der acht "Ersten" war Gabriele Proft (nach nur zwei Jahren Bürgerschule schon Heimarbeiterin), auch in der Zweiten Republik noch Abgeordnete. 1945 zog sie wieder in den Nationalrat ein.

Einzige Nichtwienerin war Maria Tusch. Die Kärntner Betriebsrätin (ab sieben Kloster-Bedienstete) schloss fast jede ihrer Reden mit dem Aufruf "Frauen, ihr müsst selbstbewusst werden!" (nim, DER STANDARD, Print, 16.2.2009)