Bianca Mladek untersucht in Cambridge exotische Eigenschaften weicher Materie.

Foto: Christian Tischer

Weiche Materie ist ausnahmsweise genau das, was sich der Laie darunter vorstellt: Pasten, Cremes und Flüssigkeiten, also etwa Dinge, die man nur eingeschränkt im Handgepäck im Flugzeug mitnehmen darf. In ihrer Doktorarbeit zeigte Bianca Mladek, Absolventin der "Computational Physics" an Uni Wien und TU-Wien, zuletzt jedoch eher "exotische" Phänomenen weicher Materie auf, die der Intuition widersprechen.

Mit speziell programmierten Computersimulation untersuchte sie sogenannte kolloidale Lösungen, in denen große Moleküle schwimmen und sich gegenseitig abstoßen. Die 28-Jährige konnte beweisen, dass es für diese Teilchen trotz Abstoßung "unter gewissen Bedingungen von Druck, Temperatur und Dichte energetisch vorteilhaft ist, sich in kleinen Gruppen zusammenzurotten, Klumpen zu bilden und damit den Abstand zu den übrigen Makromolekülen zu maximieren".

Ihre Arbeit, die einiges wissenschaftliches Interesse weckte, brachte sie vergangenen Herbst ins englische Cambridge, wo sie eine PostDoc-Stelle antrat. "Meine Neugier ist grenzenlos", sagt die Wienerin und nennt als Vorbild für das Design künftiger Nanomaterialien die Baumeisterin Natur.

Am Department of Chemistry der Cambridge University arbeitet sie mit Kolloiden (Teilchen, die in einem anderen Medium verteilt sind). An deren Oberfläche wurden viele DNS-Fäden chemisch fixiert. Die Teilchen sind verhältnismäßig leicht herzustellen und können einfache Kristallstrukturen aufbauen, "indem die DNS-Endstücke der Doppelstränge wie Klettverschlüsse mit den Gegenstücken benachbarter Kolloide hybridisieren", beschreibt die Forscherin, die sub auspiciis promovierte. Die chemischen und physikalischen Eigenschaften der Kolloide und die Bedingungen, unter denen sie Kristalle formen, möchte sie mit ihren Computersimulationen genauer abklären.

Für ihre Forschungsarbeit bekam sie Ende 2008 ein Erwin- Schrödinger-Stipendium des Wissenschaftsfonds FWF zuerkannt, das sie zugunsten eines Marie-Curie-Stipendiums der EU abgelehnt hat. Bevor sie von den heimischen Förderern "entdeckt" wurde, war das Erwin Schrödinger Institut (ESI) ihr "Retter in schwerer Stunde", wie Mladek schildert. Ohne das sechsmonatige Junior Research Fellowship hätte sie ihre Dissertation wohl aus finanziellen Gründen abbrechen müssen, beteuert sie.

Bianca Mladek sieht sich als Teil der "ersten Generation, in der das Geschlechterverhältnis in den technischen Studienrichtungen recht ausgeglichen ist" und hofft, "dass das in den kommenden Jahren auch für höhere Positionen gelten wird". Ihr Doktorvater und gleich drei "Doktoronkel" hätten sie jedenfalls stets ermutigt. Mladek ist überzeugt: "Gute Wissenschaft wird sich durchsetzen." Lehre betrachtet die erfahrene Tutorin als "Chance, selbst zu lernen". In der Warteschlange zur Inskription fiel ihre Wahl eher spontan auf Physik. Die ersten Theorie-Vorlesungen waren "grau und trocken", für experimentelle Physik sei sie "einen Hauch zu patschert" gewesen, lacht Mladek. Die goldene Mitte fand sie in "Computational Physics" und ist rückblickend zufrieden, dass sie nicht irische Literatur belegt hat.

Wenn sie nicht am Rechner arbeitet, verbringt sie ihre Freizeit mit Filmen und Italienisch. Und sie geht regelmäßig auf Reisen, um alte Bekannte zu besuchen - ohne Kolloide im Handgepäck. (Astrid Kuffner/DER STANDARD, Printausgabe 18.02.2009)