Wien - Dass die Aktie der Erste Bank seit Jahresbeginn 56 Prozent an Wert verloren hat und seit ihrem Höchststand vor eineinhalb Jahren um fast 90 Prozent gefallen ist, hat nach Ansicht von Erste-Group-Chef Andreas Treichl "mit der realwirtschaftlichen Situation unserer Bank überhaupt nichts zu tun". Die Aussichten für Zentral- und Osteuropa würden derzeit extrem negativ eingeschätzt", aber "diese Meinung teilen wir in dieser Extremität ganz bestimmt nicht", sagte Treichl am Dienstag in einem "ZiB 2"-Interview.

"Nicht gefährlich"

"Ich glaube nicht, dass es gefährlich geworden ist für die österreichischen Banken in Zentral- und Osteuropa. Wir haben eine sehr hohe Exposure, wir haben heftig investiert in diesen Ländern, aber wir haben in die Realwirtschaft investiert", zeigte sich Treichl von der Richtigkeit seiner bisherigen Investitionsentscheidungen überzeugt. "Ich glaube, dass das Vertrauen der Anleger mit den Zahlen wieder zurückkommen wird." Alle Analysten würden für die Erste Group und für die anderen Banken in der Region auch heuer Gewinne prognostizieren, "und ich glaube, dass wir diese Prognosen weit übertreffen werden, und dann kommt das Vertrauen wieder zurück. Keine Krise und keine Panik dauert ewig."

Dass die Erste Bank wegen des derzeit sehr niedrigen Aktienkurses eine leichte Übernahmebeute sein könnte, macht Treichl nach eigenen Angaben keine Angst, "da werden wir uns ordentlich wehren, weil wir der Überzeugung sind, dass der richtige Kurs für die Erste Bank der ist, den wir vor eineinhalb Jahren gehabt haben und nicht der jetzige. Und wir werden auch wieder dorthin kommen." Einen ersten Erholungsschub für den Kurs der Erste-Bank-Aktie erwartet Treichl nach der Präsentation der Ergebniszahlen für das 1. Quartal 2009.

"Zu bewältigen"

Auch nach Ansicht des Wirtschaftsforschers und langjährigen WIFO-Chefs Helmut Kramer sind die aktuellen Börsenkurse von Erste Bank und Raiffeisen International "im Grunde angesichts des Substanzwerts, den diese Banken haben, ein Witz". Die Kurse würden zeigen, "dass Börsen eben überschießen in ihren Erwartungen und Dispositionen", sagte Kramer am Dienstagabend im "ZiB 2"-Studio. Man müsse aber auf größere Ausfälle in einigen Ländern vorbereitet sein, etwa der Ukraine und Rumänien. Aber selbst ein "worst case" mit Kreditausfällen von 400 Mrd. Euro "wäre zu bewältigen, wenn man nicht kleinlich ist und herumstreitet" wer schuld daran sei, so Kramer. (APA)