Seit einigen Wochen verkauft Apple seine Musik über den iTunes Store ohne Kopierschutz. Die meisten Titel sind bereits vom lästigen DRM (Digital Rights Management) befreit, bis April sollen es alle zehn Millionen sein.

Auf allen Geräten

Für Onlinemusik, die derzeit erst einen Marktanteil von zehn bis 15 Prozent des gesamten Musikmarktes ausmacht, ist dies wahrscheinlich der wichtigste Schritt seit der Einführung legaler Angebote. Denn damit entfällt die Befürchtung, die viele vom Onlineeinkauf abhielt: die Musik nur auf den Geräten eines Herstellers abspielen zu können.

Kopierschutzfrei bedeutet nicht, dass damit auch jede Art von Kopieren erlaubt ist. Wer online gekaufte Musik auf Tauschbörsen einstellt, verstößt damit weiterhin gegen Urheberrechte und muss mit Strafen rechnen. Name und E-Mail des Onlinekäufers wird auch in der Musikdatei eingebettet (Pseudonyme und Bezahlung per Gutschein umgehen die Identifizierbarkeit).

Das konsumentenfeindliche Kopierschutzmodell hat ausgedient

Auch wenn andere Stores, wie Nokias Music Store, einen Teil ihres Musikkatalogs weiterhin mit DRM-Mantel verkaufen, das konsumentenfeindliche Kopierschutzmodell hat damit ausgedient. Denn wenn man die Musik bei Apple kaufen und auf ein Nokia (oder anderes Handy oder MP3-Player) aufspielen kann, warum sollte man dann Begrenzungen akzeptieren? Allenfalls vorübergehend, weil es bequemer ist, im System eines Herstellers zu bleiben, aber nicht dauerhaft. Die anderen Anbieter werden nachziehen - die Bremser waren ohnehin vor allem die Musikfirmen.

Anbieter wie Apple oder Nokia werden ihre Software, um Musik samt Abspielgeräte zu verwalten, nicht für die Konkurrenz öffnen. Aber es ist leicht (wenn auch lästig), Musikdateien notfalls in mehreren Programmen zu verwalten.

Synchronisierung

Noch besser, ein geräteunabhängiger Hersteller bietet Software zur Synchronisierung der Musik mit gängigen Gadgets. Amazon, das in den USA kopierschutzfreie Musik verkauft, wäre dafür ein logischer Kandidat, oder Musicload (Deutsche Telekom), die gleichfalls agnostisch in Sachen Endgerät sind, oder Google, das in seinem Expansionsdrang ohnehin nichts auslässt. Vielleicht sogar Microsoft, falls es seinen "iPod-Killer" Zune begräbt.

Die befreite Musik wird längerfristig kaum zu einem Boom an Online-Angeboten führen. Dagegen spricht erstens die Starrheit der Musikindustrie, gegen die nur ebenso dickschädelige Verhandler ankommen (darum ist Apple offenbar bei den Labels so unbeliebt).

Zweitens aber, weil der Onlinehandel natürliche Monopoltendenzen hat. Wenn man Software und Service gut hinkriegt, gewinnt der Größte - siehe Amazon, siehe Ebay. Warum? Weil das Kunden letztlich den besten Preis und den größten Nutzen bringt. Platz bleibt da gerade für ein, zwei andere große Marken - und für kreative Nischenplayer.

Dafür wird es neue Modelle geben, wie wir künftig Musik kaufen. Nokia experimentiert mit einem Pauschalpreis ("so viel downloaden wie man will"), bei der man alles nach einem Jahr behalten darf. Auf iTunes gibt es Versuche mit einer zeitlich begrenzten "Eintrittskarte" für Neuerscheinungen - eine Art musikalisches Überraschungsei. (helmut.spudich@derStandard.at, DER StANDARD Printausgabe, 26.02.2009)