Einige Präsidenten:Herbert Tumpel, Erich Foglar, Christoph Leitl und Veit Sorger (von links) setzen auf Kurzarbeit.

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Wien - Die Gewerkschaft muss angesichts der Wirtschaftskrise von bisherigen Positionen abrücken. So haben sich die Sozialpartner am Donnerstag auf neue Behaltefristen nach einer Kurzarbeitsphase geeinigt. Bisher war dieser Kündigungsschutz gleich lang wie die Dauer der Kurzarbeit, künftig macht er nach bis zu eineinhalbjähriger Kurzarbeit nur vier Monate aus. Bei besonderen Schwierigkeiten der Unternehmen kann die Behaltefrist gänzlich wegfallen.
Überdies rückt der neue ÖGB-Chef Erich Foglar von der bisherigen Forderung nach Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohnausgleich ab. Dass bei der Neuregelung der Kurzarbeit viele Wünsche der Unternehmen erfüllt wurden, begründet der Gewerkschaftschef damit, dass man in der Krise "sehr pragmatisch" vorgehen müsse. In der derzeitigen Phase könne man keinem Betrieb Beschäftigungsgarantien abverlangen.

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Das Timing passte: Wenige Stunden, bevor im Nationalrat der Beschluss zum neuen Kurzarbeitsgesetz gefasst wurde, präsentierten die Sozialpartner am Donnerstag die Rahmenbedingungen dazu. Diese wurden deutlich gelockert: Musste bisher der Kündigungsschutz gleich lange dauern wie zuvor die Kurzarbeit, wird dieser nun deutlich reduziert. Bei maximal eineinhalbjähriger Kurzarbeit beläuft sich die Behaltefrist für die betroffenen Mitarbeiter nur noch auf vier Monate.
Überdies kann diese Frist ganz gekippt werden - wenn der Betrieb die Notwendigkeit von Freisetzungen ausreichend begründet, wie Industrie-Präsident Veit Sorger vor Journalisten erläuterte und wofür er sich bei der Gewerkschaft artig bedankte. Man müsse in der Krise "sehr pragmatisch" agieren, begründete deren Vorsitzender Erich Foglar die Zustimmung des ÖGB. Wie auch Arbeiterkammerpräsident Herbert Tumpel und Wirtschaftskammerchef Christoph Leitl beteuerten, sei die Kurzarbeit das beste Mittel, um Arbeitslosigkeit im Zuge der Wirtschaftskrise zu bekämpfen.

Arbeitszeitreduktion

Die Arbeitszeit kann beim neuen Modell auf bis zu zehn Prozent reduziert werden, der Lohn sinkt dabei aliquot. Die Einkommenslücke wird großteils vom Arbeitsmarktservice (auch die Unternehmen sollen etwas drauflegen) gedeckt, sodass die betroffenen Mitarbeiter abhängig vom Familienstand und anderen Faktoren auf bis zu 90 Prozent ihrer bisherigen Bezüge kommen. Die Mittel des AMS wurden dafür um 200 Mio. Euro aufgestockt, angeblich steht notfalls auch mehr Geld zur Verfügung. Das wird das Arbeitsmarktservice wohl brauchen: Allein die Kosten der derzeit 26.000 Kurzarbeiter belaufen sich auf 86 Mio. Euro. Für April werden bereits 40.000 Fälle erwartet, und auch die Dauer der Maßnahme steigt.
Unter dem Strich seien die Kosten der Kurzarbeit um ein Drittel niedriger als im Fall von Arbeitslosigkeit, meinte Foglar. Die gesamtwirtschaftlichen Kosten von 100.000 Jobsuchenden bezifferte der ÖGB-Chef mit 4,7 Mrd. Euro. (as, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.2.2009)