Im Alter von zehn Jahren hat Peter Beard begonnen, Tagebücher zu schreiben. Die Notizen illustrierte er mit einem Konvolut aus Gräsern, Baumrinden, Blüten, Insekten, Sand sowie selbstgefertigten Fotos und Zeichnungen. Diese frühen ambitionierten Versuche künstlerischer Darstellung verfeinerte der 1938 geborene New Yorker unter Verwendung unüblicher Materialien wie Blut, Erde, Urin, Ton, Steinen, Schlangenhäuten, Gräten oder Knochensplittern in Kombination mit experimentellen Stilmitteln wie Verfremdungen, Übermalungen, Body-Art und Beschriftungen zu einer einzigartigen Kunstform.

Die 2008 edierte, schlicht Peter Beard titulierte Monografie präsentiert das gesamte OEuvre des aus reichem Haus stammenden Künstlers, Fotografen und Filmemachers. Zu seinen Lehrern und Freunden zählte er Dalí, Picasso und Francis Bacon, Warhol und Factory, Mick Jagger und Entourage sowie die Familien Rockefeller und Onassis. Als Fotograf entdeckte er Models wie Veruschka oder Iman. Die Werke sind Logbücher eines subjektiven Weltbilds, das sich auch in der Ambivalenz der Destinationen des glamourösen New York und archaischen Afrika widerspiegelt.

Elementare Themen

Oberflächlich sind zwei große Obsessionen Hauptthema seiner überladenen Fotos, Collagen und Tagebücher: die Wildnis des afrikanischen Kontinents und die Schönheit des weiblichen Körpers. In Wahrheit aber dreht sich das Universum des manischen Eklektikers um elementare Themen wie Leben, Tod, Krankheit, Vergänglichkeit, Liebe, Leidenschaft, Erotik und Sexualität. Sichtbar werden Korrelationen menschlicher Embryonen mit Tierskeletten. Alpha und Omega. Konstellationen apokalyptischer und paradiesischer Traumsequenzen. Nicht zu übersehen ist Beards Vorliebe für Pin-ups und bizarre und exzentrische Sadomasoszenarien. Dokumentierte Morbidität und idealisierte Schönheit. Andy Warhol titulierte die Logbücher seines Freundes treffend doppeldeutig als "Trip-Books".

Den bisweilen vorgetragenen Vorwurf, die Kombination von Wildnis mit schönen nackten Frauen sei billig, quittiert Peter Beard mit dem Verweis, dass Körperlichkeit und Nacktheit weniger vulgär sei als die Obszönität von Macht, Krieg, Kolonialismus, Verbrechen, ökologischer und sozialer Verstümmelung. Seine assoziativen Collagen sind, nonverbal, kritische, politische Pamphlete gegen Krieg, Ungerechtigkeit und Zerstörung der Natur. Das Betrachten des Buches gerät zu einer faszinierenden Reise in das assoziativ-subjektive Beard'sche Universum: opulent, bizarr, provokant, psychedelisch, schlichtweg fantastisch! (Gregor Auenhammer, Album/DER STANDARD, Printausgabe, 7./8. März 2009)