Wien - Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) hat am Mittwoch Kritik an der Verzögerung bei der geplanten Mindestsicherung zurückgewiesen. Laut Hundstorfer werde mit "Hochdruck" an der Umsetzung gearbeitet. Der zeitliche Aufwand für die praktische Umsetzung sei unterschätzt worden, deshalb kommt es zur Verzögerung, hieß es in einer Aussendung.

Maximal 270.000 Personen sollen die bedarfsorientierte Mindestsicherung in Anspruch nehmen können. "Wir werden diese sozialpolitisch enorm wichtige Maßnahme so rasch wie möglich umsetzen", erklärte Hundstorfer. Auf ein Datum wollte sich der Minister nicht festlegen.

Kritik an Verzögerung

Die am Dienstag angekündigte Verzögerung bei der Mindestsicherung stieß auf Kritik. Die Volkshilfe sah - gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise - ein "schlechtes Signal", und auch für die Caritas ist die Verschiebung "inakzeptabel". Die Diakonie warnte, "die Krise auf dem Rücken der Ärmsten auszutragen". Die Grünen orten ein gebrochenes Versprechen Hundstorfers.

Volkshilfe-Geschäftsführer Erich Fenninger vermutet die Ursache für die Verschiebung in der Sparpolitik bei den Budgetverhandlungen und rechnet mit "weiteren Grauslichkeiten" im Budget. Er appellierte an die verantwortlichen Politiker, vor allem in Kärnten, die für die Umsetzung der Mindestsicherung notwendigen Regelungen rasch vorzunehmen. "In schwierigen Zeiten ist es wichtig, das System nach unten abzudichten, um nicht noch mehr Menschen in die Armut abrutschen zu lassen", erklärte Fenninger.

Caritas: "Dramatischer Rückschritt"

Als "dramatischen Rückschritt" hat auch der Wiener Caritas-Direktor Michael Landau die Verzögerung bezeichnet: "Hier geht es konkret um nachhaltige Verbesserungen für sozial schwache Menschen. Die bedarfsorientierte Mindestsicherung gerade in Zeiten der wirtschaftlich angespannten Situation auf die lange Bank zu schieben, ist völlig inakzeptabel." Um den Sozialstaat Österreich "armutsfest und zukunftstauglich" zu machen, müsste die bedarfsorientierte Mindestsicherung "eher gestern als morgen" eingeführt werden, so Landau.

Sozial Benachteiligte würden doppelt für die Finanzkrise bezahlen - zuerst als Leidtragende von Arbeitslosigkeit und Armut, dann als Opfer von Sparpaketen, kritisierte Diakonie-Direktor Michael Chalupka. "Angesichts des hier wieder blockierenden Kompetenzendschungels zwischen Bund und Ländern zeigt sich, wie wichtig eine bundesweite Lösung für die Sozialhilfe gewesen wäre. Die jetzigen Verzögerungen sind Ausdruck dieses falsch verstandenen Föderalismus", stellte Chalupka fest.

Grüne: "Versprechen gebrochen"

"Mit dem kalten Abwürgen der Mindestsicherung bricht Sozialminister Hundstorfer jedes seiner Versprechen und lässt die Menschen mit niedrigen Einkommen in der Wirtschaftskrise im Stich", kritisierte der Sozialsprecher der Grünen, Karl Öllinger. Noch Ende Jänner hätte der Minister eine Umsetzung auch ohne Kärnten versprochen und ebenso werde es zu keiner Anhebung des Arbeitslosengeldes kommen. "Hundstorfer lässt die Menschen in der Krise im Stich", so Öllinger. (APA)