Einige SPÖ-Politiker dürften Zweifel an der Neutralität des neuen "unabhängigen" ORF-Stiftungsrats Alexander Hartig haben. Als Gastkommentator der "Kronen Zeitung" äußerte sich Hartig etwa vor der Nationalratswahl 2006 deutlich SPÖ-kritisch: "Nachhaltigkeit und Denken in Generationen war der SPÖ seit jeher fremd." Hartig, Vorstand der Constantia Industries, wurde dennoch von der Regierung unter Bundeskanzler Werner Faymann als neutraler Kandidat und Nachfolger von Paul Lendvai in das oberste ORF-Aufsichtsgremium bestellt. Laut "Kurier" ist die Aufregung in SPÖ-Kreisen groß.

Auch die Grünen bekommen vom neuen neutralen Stiftungsrat in jenem "Krone"-Kommentar ihr Fett weg: "Die Grünen bleiben ihrer Linie treu. In der ersten Reihe gibt man sich 'bürgerlich' und 'umweltbesorgt', in der zweiten Reihe stehen nach wie vor Kommunisten und andere linke Dogmatiker", schreibt Hartig. Im Vorfeld der jüngsten Nationalratswahl ließ es sich Hartig nicht nehmen, die Parteienlandschaft erneut in einem "Krone"-Gastkommentar zu analysieren. Dabei standen sämtliche zur Wahl angetretenen Parteien - mit Ausnahme der ÖVP - im Visier seiner Kritik. Der Kommentar endete mit dem Aufruf: "Lassen Sie sich nicht von den linken, zum Teil marxistischen Programmen der Grünen, Roten, Blauen, Gelben etc. täuschen, denn die Rechnung werden wir alle bezahlen müssen, und die wird teuer!"

Wer Hartig dennoch für einen Unabhängigen hält? Die "Kronen Zeitung" selbst. Das Blatt begründete die Veröffentlichung von Hartigs Gastkommentar im September 2008 damit, dass in der Wahlkampfzeit "Leute" zu Wort kommen sollen, "die sehr selbstständig denken und vielleicht in keine der bestehenden Gruppen passen". Laut "Kurier" wird Hartig ein Naheverhältnis zu "Kronen Zeitungs"-Herausgeber Hans Dichand nachgesagt. Ein solches Naheverhältnis zu Dichand pflegt auch Kanzler Faymann. SPÖ-Mediensprecher Josef Cap, Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas sowie Hartig selbst waren am Mittwoch für eine Stellungnahme vorerst nicht erreichbar. (APA)