Michael Dobesch stand dieses Jahr der CCA-Jury im Bereich Werbung in digitalen Medien, Websites und Microsites vor. (Foto:  © www.davidsailer.com)

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Kommenden Freitag findet die CCA-Gala mit der Verleihung der Veneri für die beste Werbung des Jahres statt. In der Kategorie "Werbung in digitalen Medien, Websites und Microsites" werden dieses Jahr keine Trophäen in Gold vergeben. "Die Jury ist auf hohem Niveau gescheitert - und zwar beim Versuch, echte Gold-Arbeiten zu finden", so Michael Dobesch, Jury-Vorsitzender im Bereich Online. Astrid Ebenführer befragte ihn, woran das liegt und was Kreative gegen Online-Werbung haben.

etat.at: Dietmar Dahmen, er stand letztes Jahr der CCA-Jury im Bereich Online vor, meinte im Interview mit etat.at: "Online ist die neue Königsdisziplin". Das dürfte bei den Kreativen wohl noch nicht angekommen sein, heuer wird in diesem Bereich kein Gold vergeben. Woran liegt das?

Michael Dobesch: Schwer zu sagen. Wohl auch daran, dass manche guten Arbeiten einfach gar nicht eingereicht wurden - ob aus Budgetmangel oder aus Desinteresse. Und bei vielen Kunden geht es der Online-Werbung immer noch so wie den Mailings vor 20 Jahren: "Ja, da mach ma dann auch noch was!" Man muss sich nur mal den Online-Auftritt von manch großen Unternehmen in Österreich anschauen: Da geht noch was, wie man so schön sagt!
Ich bin hier naturgemäß auch eher geneigt, die Schuld nicht bei den Kreativen zu suchen!

Es gibt in Österreich genug Kreative, die auch im Web hervorragende Arbeit auf internationalem Niveau zu leisten im Stande wären. Das hat die Vergangenheit schon gezeigt. Es scheitert leider großteils am Verständnis der Kunden, dass für einen guten Online-Auftritt mittlerweile auch gutes Geld in die Hand genommen werden muss. Da reicht es halt nicht, wenn mann nach einem Wochenendkurs à la "Flash mit Freunden" ein paar fröhliche Templates auf den Firmenserver lädt.

etat.at: Oft hat man den Eindruck, dass für Online-Kampagnen einfach klassische Arbeiten auf das Web übertragen werden. Warum gibt es so wenig wirklich kreative Online-Werbung, die mit den Möglichkeiten des www spielt und nutzt?

Dobesch: Das ist so wie im Kindergarten: Man kann immer nur mit den Dingen spielen, mit denen es einem erlaubt wird! Wobei hier auch manche Agenturen die Schuld trifft. Hier glauben viele immer noch, dass sie Online einfach so mit anbieten (und dann auch verrechnen) können. Und dann landet halt leider nur der TV-Spot in Youtube-Bildqualität auf einem Server und wird dem Kunden als Online-Werbung verkauft, oder zumindest als solche eingereicht.

etat.at: Was haben Kreative gegen Online-Werbung? Und was könnte man tun, um den Bereich Online auch für Kreative interessanter zu machen?

Dobesch: Kreative haben ja (bis auf ganz, ganz wenige) per se nichts gegen Online-Werbung. Viele Glauben halt, dass sie es selber machen können, anstatt sich Web-Profis dafür ins Boot zu holen. Wenn hier mehr Kunden bereit sind, Budgets zur Verfügung zu stellen, wird es automatisch interessanter und es kommen auch öfter die Profis zum Zug.

etat.at: Welchen Stellenwert hat Online-Werbung in Ihrer Agentur bzw. bei Ihren Kunden?

Dobesch: Dort wo Online-Werbung Sinn macht, hat sie den selben Stellenwert, wie jede andere sinnvolle Werbeform auch. Bei Kunden fehlt oft (noch) das Bewusstsein, wie viele Menschen mittlerweile einen Großteil ihrer Zeit online verbringen ...

etat.at: Woran liegt es ihrer Meinung nach, dass Unternehmen nach wie vor eher ein wenig zögern, in den Bereich Online-Werbung zu investieren?

Dobesch: Weil hier immer noch das Bewusstsein fehlt, dass gute Online-Werbung einfach Geld kostet. Aber selbst wenn dieses Verständnis nicht fehlt, müssen natürlich auch Unternehmen immer mehr sparen. Und da spart man halt dort, wo man am ehesten glaubt auf etwas verzichten zu können. Oft haben auch die endgültigen Entscheider eine zu geringe Affinität zum Medium und erkennen daher seine Wichtigkeit und Berechtigung im Mediamix nicht.

etat.at: Wird Online-Werbung im Vergleich zur klassischen Werbung von der Krise profitieren?

Dobesch: Bei Kunden mit Weitblick auf jeden Fall. Weil hier - richtige Nutzung vorausgesetzt - einfach eine bessere Kosten-Nutzen-Relation und zielgerichtetere Kommunikation möglich ist.

etat.at: Wo sehen Sie die Vor- und Nachteile von Online-Werbung gegenüber anderen Werbeformen?

Dobesch: Es ist natürlich von Vorteil, in einem multimedialen und interaktiven Umfeld werben zu können.
Allerdings wird man gnadenlos weggeklickt, wenn man verabsäumt relevant zu sein. Auch hier gilt das alte Motto des CCA: "Kreativität ist besser für's Geschäft!"

etat.at: Welche Online-Werbeformen werden sich in Zukunft durchsetzen?

Dobesch: Jene, die einen konkreten Nutzen anbieten und diesen charmant, medium-adequat und möglichst individuell auf den User abgestimmt präsentieren.

etat.at: Und welche Online-Werbeformen stören Sie persönlich in Ihrem Userverhalten am meisten, welche sind Ihnen am sympathischsten?

Dobesch: Sinnlose Pop-Up und Weg-Klick-Orgien trüben mir schon mal die Laune! Sonnst ist es wie im guten alten Werbeblock: Was mich unterhält und mich als halbwegs intelligentes Wesen akzeptiert ist mir auch im Web herzlich willkommen. (Astrid Ebenführer, derStandard.at)