Wien - Nach mehrjährigen Verhandlungen sind die Sozialpartner nun vorerst in ihrem Bemühen um eine Reform des Kollektivvertrages (KV) für die rund 400.000 Beschäftigten im Handel gescheitert. "Ich bin Realist. Wir haben das nicht zusammengebracht", sagte Fritz Aichinger, Wiener Handelsobmann und stellvertretender Verhandlungsleiter, in der heutigen Freitag-Ausgabe des "WirtschaftsBlatt".

Mit der Reform sollten nicht nur die aktuellen Regelungen radikal entrümpelt, sondern auch die Gehaltskurve bei höheren Einkommen flacher werden.

In wesentlichen Bereichen seien sich Wirtschaftskammer und Gewerkschaft auch überraschend schnell einig gewesen: Die 645 Gehaltspositionen wurden auf etwas mehr als 30 zusammengestrichen, bei den Gehaltstafeln hätte man künftig mit einer statt bisher acht das Auslangen gefunden.

Zu stocken begann das Mammutvorhaben laut Bericht, als sich die Verhandler die Zuschläge für Überstunden und Mehrarbeit vornehmen wollten. Und damit im Zusammenhang die Bewertung der Arbeitszeit. "Das Zuschlagssystem ist noch immer haarig", bestätigte Manfred Wolf von der GPA gegenüber dem WirtschaftsBlatt.

Türe noch nicht zu

Allerdings, so Wolf weiter, sei für ihn "die Türe noch nicht zu." Im Gegenteil: "Von unserer Seite steht das Angebot, weiterzuverhandeln." Jedoch unter einer Bedingung: "Das Konzept der Gesamtreform sollte verlassen und die Themen sollten aufgesplittet werden." Ein Vorschlag, der auf der anderen Seite wenig Begeisterung auslöst. Aichinger: "Die Sache scheibchenweise umzusetzen - das kann es nicht sein. Entweder ganz oder gar nicht."

Ursprünglich hätte der neue KV mit Beginn dieses Jahres in Kraft treten sollen, später wurde der Zeitpunkt auf Anfang 2010 verschoben. Nach Aichingers Einschätzung wird das Thema frühestens dann wieder angegangen, wenn die Wahlen in der Gewerkschaft und Kammer vorbei sind. Das wäre im kommenden Frühjahr.

Auch der Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp), Wolfgang Katzian, betonte am Freitag, dass die gewerkschaftlichen Forderungen nicht vom Tisch seien. Unabhängig von den Reformverhandlungen würden diese bei der nächsten KV-Runde Thema sein. Zentral dabei sei die Forderung nach höheren Einstiegsgehältern, einer besseren Absicherung des Lebenseinkommens und bessere Arbeitszeitregelungen, so Katzian, der sich dagegen wehrte, dass der Gewerkschaft nun der Schwarze Peter für das Stocken der Gespräche zugeschoben werde. (APA)