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Wien - Die untersten Einkommensschichten seien schon 2008 entlastet worden. Daher setze man mit der Steuerreform 2009 einen Schwerpunkt beim Mittelstand. So argumentiert die Regierung, warum Menschen, die wegen eines zu geringen Einkommens keine Steuern zahlen, bei der Steuerreform nicht mehr berücksichtigt wurden.

Eine aktuelle Studie zeigt nun aber, dass die Entlastung der niedrigsten Einkommen auch unter Einrechnung der 2008er-Maßnahmen (Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge, 13. Familienbeihilfe) am geringsten ausfällt - konkret sind es 1,3 Prozent. Das Institut "3E" hat ermittelt, dass die mittleren Einkommen mit drei Prozent am stärksten profitieren. Bei den obersten 20 Prozent sind es 2,5 Prozent.

Studienautor Florian Wakolbinger zum Standard: "Wenn das Ziel war, alle Einkommensgruppen relativ gleich zu entlasten, ist unten sicher zu wenig gemacht worden." In absoluten Zahlen haben die untersten zehn Prozent netto um 9,50 Euro pro Monat mehr im Börsel als Anfang 2008. Bei den BestverdienerInnen sind es 82,30 Euro. Da Jahreseinkommen bis 10.000 Euro schon bisher steuerfrei waren, sei das aber "nicht verwunderlich". Um diese niedrigen Einkommen zu entlasten, müsste die Negativsteuer (eine Art Steuerbonus) ausgeweitet oder die Sozialversicherungsbeiträge gesenkt werden.

Interessant ist auch die Analyse nach Familientypen. Bei Alleinerziehenden ist der Effekt der Familienförderungen (Familienbeihilfe, Kinderfreibetrag, Absetzbarkeit von Betreuungskosten) nämlich nicht sichtbar. Gerechnet wird mit dem durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen in einem Haushalt. Erwachsene werden mit 1 gewichtet, Personen über 15 Jahre mit 0,5 und alle Personen unter 15 mit 0,3.

Das Ergebnis: Kinderlose Alleinstehende und kinderlose Paare profitieren pro Monat um 40 Euro netto. Bei Paaren mit Kindern steigt die Nettoentlastung auf 52 Euro an. Bei AlleinerzieherInnen, in der Regel sind das Frauen, sinkt die Entlastung dann wieder auf 40 Euro. Die Studienautoren führe das darauf zurück, dass Alleinerziehende statistisch ein niedriges Einkommen haben. Die erhöhten Familienförderungen werden also durch die geringe oder nicht vorhandene Lohnsteuerentlastung aufgehoben.

Letztes zentrales Ergebnis: De facto haben die ÖsterreicherInnen nach der Steuerreform gleich viel Kaufkraft wie 2005. Zwar steigen die Einkommen durch die Reform um 43,40 Euro, gleichzeitig rücken die SteuerzahlerInnen aber durch die jährlichen Lohnsteigerungen in höhere Steuerklassen vor. Diese Mehrbelastung betrug seit 2005 39,6 Euro. Die Realeinkommen sind also nur um 3,8 Euro höher als 2005. (go, DER STANDARD, Printausgabe, 16.3.2009)