Daniel Mitchell: "So oder so werden die Steuerzahler zur Kasse gebeten."

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Wien - "Die Regierung hat die falschen Lehren aus der Krise gezogen", ist Daniel Mitchell überzeugt. Der Wirtschaftsexperte des größten liberalen Think-Tanks in den USA, dem Cato Institute, gilt als vehementer Verfechter eines internationalen Steuerwettbewerbs und eines schlanken Staates.

Im Rahmen eines Vortrages vor dem Hayek-Institut in Wien kritisierte Mitchell scharf die Verwendung von Steuergeldern in der Krise. Angesichts von Rettungspaketen in der Größenordnung von tausenden Milliarden, die von den Regierungen Bush und Obama geschnürt wurden, sei er äußerst deprimiert: "Diese Entscheidungen sind sehr schädlich für die langfristige Prosperität."

Zu unterschiedlich wären die staatlichen Institutionen bei ihren Feuerwehraktionen vorgegangen, zu spontan sei die Politik vorgegangen. Die Reaktionen auf die Probleme beim Versicherer American International Group (AIG), der Sparkasse Washington Mutual und den Investmentbanken Lehman Brothers und Bear Stearns hätten keinen strategischen Plan. Unternehmen haben daher keine Planungssicherheiten. "In so einem Umfeld ziehen Investoren ihr Geld klarerweise ab."

Die umstrittene Rettung von AIG (siehe Artikel links) sei etwa laut Mitchell gar nicht nötig gewesen: "Statt einen Zombie immer wieder aufzurichten, hätte eine einfache Abwicklung dem Steuerzahler viel Geld gespart." Mitchell fordert eine völlig neue Herangehensweise der Politik an Bankenrettungspakete. Es würde bereits funktionierende Instrumente, besonders die FDIC, die amerikanische Einlagensicherung geben. Mit ihrer Hilfe sollten US-Geldinstitute geordnet in die Insolvenz überführt werden. Die guten Teile der Banken sollten von anderen Instituten gekauft werden. "Steuerzahler werden so oder so zur Kasse gebeten. Die Frage ist nur, ob mit ihrem Geld das Problem auch gelöst wird," stellt der Ökonom zur Diskussion.

Das grundlegende Problem sei, dass viele Wertpapiere derzeit keinen Preis haben, weil ihr Markt komplett weggebrochen ist. Besonders Wertpapiere des US-Immobilienmarktes leiden darunter. Eine offene Auktion könnte dieses Problem laut Mitchell lösen. Dann würden Investoren wieder wissen, was ihre Investitionen wert sind.

Zudem plädiert er für ein Ende einer Verzerrung durch Subventionen am US-Häusermarkt und für Finanzprodukte. Die Finanzindustrie müsse gesundschrumpfen.

Kritik an der Steuerpolitik 

Der insbesondere auf internationale Steuerpolitik spezialisierte Wirtschaftsexperte stärkt zudem in der aktuellen Debatte um das Bankgeheimnis Österreich den Rücken. Länder mit niedrigeren Steuersätzen würden eine wichtige Rolle spielen, um Wirtschaftspolitik effizienter zu machen. Der Ökonom hofft daher, dass die Koordination von Hochsteuerländern gegen Steueroasen, etwa im Rahmen der G20, der Gruppe der 20 größten Wirtschaften, scheitert. "Der G20-Gipfel soll ein Reinfall sein." (Lukas Sustala, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.03.2009)