Wien - Die Obama-Regierung sollte die maroden US-Großbanken rasch nationalisieren und dann lange Zeit im öffentlichen Eigentum behalten, fordert der linksgerichtete US-Ökonom Gerald Epstein von der University of Massachusetts. "Die Verstaatlichung ist unausweichlich, alles andere wird scheitern", sagt Epstein im Standard-Gespräch. "Aber die Frage wird sein, ob die Regierung dann eine starke Autorität ausübt oder sie so weitermachen lässt wie bisher."

Die letztere Option wäre verhängnisvoll, sagt Epstein, der vor kurzem an einer von Attac veranstalteten Podiumsdiskussion in Wien teilnahm.

Um die Wiederholung der früheren Fehler zu vermeiden, sei eine neue Managementstruktur, ein neuer "Code of Conduct" und viel mehr Regulierung als bisher notwendig, meint Epstein. "Die Banken müssen wieder die reale Wirtschaft und reale Menschen unterstützen." Er fordert ein System öffentlicher Banken, die wie Versorgungsunternehmen den für Wachstum und eine Ökologisierung der Wirtschaft notwendigen Bedarf an Krediten decken können.

Sicherheitskommission

Epstein schlägt weiters eine "Finanzproduktsicherheitskommission" vor, die neue finanzielle Produkte nach dem Vorsichtsprinzip prüfen und nur dann zulassen würde, wenn die Produkte nicht zu komplex seien und ihre Risikofreiheit garantiert sei. "Kritiker sagen, das würde Innovationen behindern. Aber das wäre wünschenswert, denn die meisten Innovationen haben nichts zur Effizienz der Wirtschaft beigetragen."

Das Hauptproblem in der gesamten Finanzkrise sei der US-Versicherer AIG, derzeit im Mittelpunkt der Aufregung über ausbezahlte Boni an verantwortungslose Manager, glaubt Epstein. Wenn AIG zusammenbricht, wäre das auch für europäische Banken eine Katastrophe, da die Versicherungskontrakte für Wertpapiere von AIG ihre Bilanzen vor noch größeren Verlusten schützen, warnt er. "Aber die amerikanische Öffentlichkeit wird nicht bereit sein, noch mehr Milliarden in AIG zu stecken. Europa muss sich hier beteiligen."(Eric Frey, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.3.2009)