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Gut ausgebildete Techniker und Wissenschafter werden momentan teils "händeringend" gesucht, ist von Unternehmen in Österreich zu erfahren

Foto: AP/Jens Meyer

Fehlen Technikern Zusatzqualifikationen? Wie sehen typische Karrierewege in Österreichs Unternehmen aus - und kann man damit "abcashen"? Was ist das Spannende an den Jobs und welche werden überhaupt konkret angeboten? Der derStandard.at/Karriere hat sich im Rahmen eines Rundrufs in österreichischen Unternehmen umgehört. Geantwortet haben der IT- und Ingenieurdienstleister efinio, der Halbleiterhersteller Infineon, das Pharmaunternehmen Baxter, das Bundesrechenzentrum und der Verbund.

Laut einer Studie unter Personalisten aus dem Jahr 2007 fehlen Technikern häufig Zusatzqualifikationen wie Soft Skills, Fremdsprachenkenntnisse und Führungsqualitäten. Bei Bedarf bieten Firmen aber Schulungen an, und auch sonst wird Einiges dafür getan, dass sich das ändert. "Für Zusatzqualifikationen werden Mitarbeiter bedarfsgerecht geschult wobei wir allgemein auf eine starke Kunden- und Serviceorientierung Wert legen. Für neue Führungskräfte bieten wir Ausbildungsprogramme an, die vor allem auch Softskills wie Führen, Überzeugen und Konfliktsmanagement umfassen", so Anton Schicho, Leiter Bereich Human Resources & Technischer Support bei der Bundesrechenzentrum GmbH (BRZ).

Auch im Verbund geht man mit einem breiten Weiterbildungsspektrum individuell auf die Mitarbeiter zu. "Dieses Investment in die eigene Belegschaft lohnt sich für beide Seiten in hohem Maße", ist Konzernpersonalchef Georg Westphal überzeugt. Gerade Fremdsprachenkenntnisse und Soft Skills sind beim IT- und Ingenieurdienstleister efinio wichtige Faktoren. Dass es Technikern an Soft Skills mangle, bemerkt man dort hingegen nicht: "Unserer Erfahrungswerte zeigen, dass junge Techniker bereits über ein breiteres Spektrum an Zusatzqualifikationen verfügen", so Silke Schober, bei efinio für Personalplanung und Key Account zuständig. Markus Reinhard, Vice President Human Resources und Vorstand der Baxter AG Wien, beobachtet hingegen sehr wohl Entwicklungsbedarf im Bereich Führung. Er glaubt aber, dass heute in der Ausbildung von Technikern und Wissenschaftern schon verstärkt Wert auf das Thema gelegt wird: "Besonders im Fachhochschulsektor werden Seminare zum Thema Persönlichkeitsentwicklung angeboten sowie Führungstheorien gelehrt."

Karrierewege innerhalb der Unternehmen

Generell gibt es in Österreichs technischen und wissenschaftlichen Unternehmen zwei wichtige Karriereschienen: einerseits der klassische Weg zur Führungskraft oder jener des technischen Spezialisten. Die angebotenen Positionen erstrecken sich bei der BRZ über das gesamte Feld der IT-Dienstleistungen: Datenbank- und Software-Entwickler, IT-Architekten, Projektleiter, Berater, Systemadministratoren. "Spannend ist die Vielseitigkeit der Betätigungsfelder und Projekte. Durch die Unternehmensgröße gibt es immer wieder Möglichkeiten in andere spannende Aufgabenbereiche einzutauchen", so Schicho.

efinio bietet Ingenieur- und IT-Dienstleistungen an. Von Konstrukteuren und Projektleitern im Bereich der mechanischen und elektrotechnischen Konstruktion bis hin zum Softwareentwickler und IT-Spezialisten reicht die Palette an Jobmöglichkeiten. Im Unternehmen gibt es ein eigenes Ausbildungszentrum, in dem Techniker auf den verschiedensten CAD-Systemen und Programmiersprachen aus- und weitergebildet werden. Sie durchlaufen in der ersten Zeit eine intensive Ausbildungsphase, bevor es in die ersten Projekte geht. „Der Weg vom 'klassischen Konstrukteur' bis hin zum Projektleiter mit Führungsverantwortung ist durchaus keine Seltenheit", erzählt Schober.

Experten, Spezialisten, Manager

Aufgrund der hohen Spezialisierung im IT-Umfeld reifen die Mitarbeiter bei der BRZ schon einerseits im speziellen Know-how-Bereich (z.B. SAP, Netzwerke, Anwendungsentwicklung).
Neben der klassischen Führungskarriere gibt es aber auch Karrieremodelle für Projektmanager, IT-Architekten oder Business Consultants. "Wir fördern auch aktiv Mitarbeiter in ihrem Karrierepfad - so werden Teamleiter im Regelfall aus den eigenen Reihen rekrutiert", erklärt Schicho. Auch bei Infineon kann man auf der rein technischen Seite bleiben und seinen Karriereweg in der "technical ladder" gehen, also Spezialistentum entwickeln oder eine klassische Managementkarriere verfolgen, bei der dann Führungsqualität eine große Rolle spielt. "Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass Personalverantwortung gerade bei technisch Hochbegabten oft nicht die adäquate Form der Förderung und Anerkennung ist", so Christiana Zenkl, Leiterin Human Resources bei Infineon Technologies Austria. Innerhalb der „technical ladder" könne man höchste Karrierestufen erreichen. Weiterentwicklung in Form von Weiterbildung und interne Wissensweitergabe, die ein Teil des Jobs der Experten ausmacht, sei in der Branche der Halbleiterindustrie unerlässlich, um im Markt Wettbewerbsvorteile zu sichern.

Ähnliche Karriereschienen gibt es beim Verbund: "Einerseits die klassischen Karriereleitern, über verschiedene Führungspositionen bis in die erste Managementebene. Vielen seiner technischen Spezialisten, die oft über strategisch wichtiges Know-how verfügen, bietet der Verbund aber die ebenso attraktive Laufbahn als Experte an", so Westphal. Auch bei Baxter stehen Technikern und Wissenschaftern beide Karrierepfade offen. Fortbildungsmaßnahmen werden jeweils auf die eingeschlagene Laufbahn abgestimmt.

"Produkte ständig weiterentwickeln"

Bei den technischen Jobs, bietet Infineon ein Vielzahl an: beginnend bei der Doppellehre Mechatronik/Elektrobetriebstechnik über den Einsatz von HTL-Absolvent im Bereich Chip-Layout, Equipment-Engineering oder Instandhaltung bis hin zu Top-Forschern in den verschiedenen Bereichen der Halbleiterindustrie. Elektrotechniker, Werkstofftechniker, ChemikerInnen, Physiker, Nachrichtentechniker- sowohl in der Forschung und Entwicklung, aber auch in der Produktion seien hochqualifizierte Menschen gefragt. "Das Spannende liegt darin, stetig Produkte, angefangen beim Chipdesign, weiterzuentwickeln, neue Materialien zu testen, Verfahren zu verbessern und Vieles mehr", erklärt Zenkl.

Der Verbund bietet vor allem Technikern aus den Fachrichtungen Elektro- oder Energietechnik, Maschinenbau, Wirtschaftsingenieurwesen und Verfahrenstechnik "interessante Arbeitsfelder und einen oft sehr abwechslungsreichen Berufsalltag" in den Bereichen Erzeugung (Wasserkraft, Wärmekraft, Erneuerbare Energie) sowie Übertragung (Netz)". Aber auch Trader- und Sales-Mitarbeiter profitierten von mitgebrachtem technischen Wissen.

Bei Baxter reicht die Bandbreite der Jobs im wissenschaftlichen Bereich von Labortechnikern hin zu wissenschaftlichen Experten für bestimmte Forschungsgebiete. Im technischen Sektor gibt es Positionen im Bereich Pharmazeutische Produktion, Gebäudetechnik, Automatisierungstechnik, Projekt Management, etc.. "Auf Grund der Bedeutung und der Größe des Standorts in Österreich kann Baxter eine Vielzahl an Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb des Unternehmens anbieten. Es wird seitens des Unternehmens sehr gefördert, dass Mitarbeiter mehrere Bereiche kennenlernen und dadurch einen guten Überblick erhalten", erklärt Reinhard.

Nicht nur das Geld soll locken

Neben marktüblichen Gehältern, die sich an Qualifikation und Leistung orientieren, biete die BRZ auch andere gute Rahmenbedingungen, so Schicho: flexible Arbeitszeitmodelle, Arbeit von Zuhause aus, ein stabiles Jobumfeld. Vor allem aber locke die BRZ als eines der größten IT-Dienstleistungsunternehmen Österreichs mit einem breiten und spannenden Aufgabenfeld - denn: "hohe Gagen alleine reizen nur wenige Bewerber", weiß Schicho. "Natürlich müssen die Gehälter stimmen und kalkulierbare Leistungsanreize bieten", meint hingegen Verbund- Konzernpersonalchef Westphal. Die Motivation beim Verbund zu arbeiten, habe auch mit dem wirtschaftlichen Umfeld des Energiegeschäftes zu tun. "Wir arbeiten ja in einer sehr "grundlegenden" Branche, die sich gerade jetzt im Brennpunkt wirtschaftspolitischer und gesellschaftlicher Entwicklungen befindet."

Für Schober sind Honorierungen für besondere Leistungen ein Anreiz für die Mitarbeiter. „"finio honoriert den „Mitarbeiter des Monats" und vergibt attraktive Prämien für herausragende Leistungen", so die Personalplanerin. "Lebensqualität und Vereinbarkeit von sozialem Umfeld und Beruf sind für junge Techniker von großer Bedeutung. Attraktive Gehälter und gute Berufsperspektiven scheinen jedoch nicht anziehend genug zu sein, um der sinkenden Anzahl an Technik-Studierenden trotz Bedarf seitens der Betriebe entgegenzuwirken", glaubt Zenkl. "Die Menschen, die in für Baxter relevanten Arbeitsfeldern in Österreich ausgebildet wurden, sind sehr gut qualifiziert und brauchen keinen internationalen Vergleich zu scheuen", sagt Reinhard über die Karrierechancen österreichischer Wissenschafter.

Fündig werden

Schwierigkeiten neue Techniker und Wissenschafter zu finden, haben nicht alle befragten Unternehmen. Schicho ortet keine übermäßigen Rekrutierungsprobleme: "Unser Rekrutierungsbedarf wird weitgehend in angemessener Zeit gedeckt." Die BRZ rekrutiere gerne Absolventen von HTLs, FHs und Unis mit Schwerpunkt EDV und Informatik. Berufseinsteiger bekommen eine umfassende Einschulung und Ausbildungsprogramme sowie Weiterentwicklungsmöglichkeiten ‚on the job'. In manchen Bereichen gibt es eigene Traineeprogramme. Schober ortet in Zeiten großer Nachfrage sehr wohl Rekrutierungs-Schwierigkeiten: "Junge Berufseinsteiger haben bei uns die Möglichkeit umfassende Erfahrungen in abwechslungsreichen Bereichen zu sammeln. Für efinio ist auch die emotionale Bindung wichtig, deshalb werden in regelmäßigen Abständen Mitarbeiterevents und Come together's veranstaltet."

Mit einem eindeutigen "Ja" beantwortet auch Zenkl die Frage nach Rekrutierungsschwierigkeiten: "Die Zahl der Studierenden in den Fächern, deren Absolventen wir benötigen, sinkt und der Frauenanteil ist nach wie vor minimal." Infineon biete jungen Frauen nicht nur die gleichen Chancen wie jungen Männern, sondern versuche durch zahlreiche Initiativen die Technik als spannenden Beruf erlebbar zu präsentieren. Durch eine aktiv gestaltete und gelebte Firmenkultur könne Zenkl guten Gewissens behaupten, dass Technik kein "einsames Geschäft" sei. "Die gesuchten technischen Qualifikationen zu finden, ist in der Tat schwierig. Wir suchen sozusagen "händeringend" gut ausgebildete Fachkräfte. Und dieser Techniker-Mangel wird sich - unserer Beobachtung nach - noch für längere Zeit fortsetzen", meint auch Westphal. Jungen Berufseinsteigern biete der Verbund mit seinen Lehrlingsstellen den Weg in eine hoch-qualitative Berufsausbildung an, gleichzeitig steuere man damit auch dem problematischen Mangel an Fachkräften aus eigener Kraft entgegen. (Marietta Türk, Oliver Mark, derStandard.at, 25.3.2009)