Im Wiener Staatsarchiv wurde am Mittwoch eine Kopie des Helmut Zilk betreffenden Stapo-Aktes gezeigt (li.) 1964 führte Zilk mit Franz Olah (oben, re.) ein berühmt gewordenes TV-Interview. Darin sprach der damalige SP-Innenminister Olah von der Existenz von Spitzelakten und kündigte deren Vernichtung an.

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Wien - Helmut Zilk als angeblicher Spion für den tschechoslowakischen Geheimdienst StB und kein Akt der Staatspolizei mehr auffindbar? Nicht einmal in den 177.700 Regalmetern des Österreichischen Staatsarchivs? Das ließ Rudolf Jerabek, dem zuständigen Staatsarchivar im Bundeskanzleramt, kein Ruhe. In einem so genannten Protokollband fand der 52-jährige Historiker schließlich am Mittwoch eine Aktenzahl, die wiederum zu einem Mikrofilm führte. Darauf: Der staatspolizeiliche "Fall Mittwoch" vom 20.9.1969, betreffend "Zilk Helmut Dr.", zusammengefasst auf drei Seiten inklusive Deckblatt, samt Stempel "geheim". Nachdem die Mittags-"ZiB" den Fund gemeldet hatte, standen im Staatsarchiv die Telefone nicht mehr still.

Auch wenn die gefundenen Aktenteile "keine Sensationen" beinhalten würden, sei er "sehr zufrieden und glücklich" über den Erfolg seiner Suche, sagte Jerabek. Dass es im Staatsarchiv weiteres Material zur Causa Zilk geben könnte, kann Jerabek ausschließen: "Hier gibt es sonst sicher nichts."

"Gesprächspartner"

Im Gegensatz zum Originalakt aus tschechischen Archiven, den das Nachrichtenmagazin profil veröffentlicht hat, heißt es auf den mikroverfilmten Seiten: "Dr. Zilk ist kein Agent, sondern Gesprächspartner" des Geheimdiensts StB. Ob Geld geflossen ist, wie im StB-Akt behauptet, geht aus den heimischen Papieren nicht hervor.

Die Mikrofilme der Akten sind nach Angaben des Staatsarchivs in den späten 90er-Jahren von der damaligen staatspolizeilichen Gruppe des Innenministeriums in das Archiv der Republik gelangt. Dass die papierenen Originalakten bereits längere Zeit vorher im Ministerium selbst vernichtet worden waren, sei bekannt gewesen, jedoch nicht der genaue Zeitpunkt der Skartierung. Damit wurden also auch die Angaben von Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) bestätigt, die zuletzt davon ausging, dass der Reißwolf schon Ende der 1960er-Jahre mit dem Stapo-Akt gefüttert worden sei.
Bemerkenswert im Fundstück des Staatsarchivs erscheint eine Passage über Zilks angeblichen Führungsoffizier Jirí Stárek, der nach dem Prager Frühling nach Österreich übergelaufen war. Hier soll er ein von "Programmdirektor Dr. Zilk" ein Büro beim ORF erhalten haben. Die "großzügige" Geste sei allerdings letztendlich an einem Streit zwischen Stárek und dem damaligen ORF-Chefredakteur Alfons Dalma, der 1999 verstorben ist, gescheitert. 

"Der Darstellung der Quelle kann entnommen werden, dass sich St. (gemeint ist Stárek; Red.) sehr anmaßend aufgeführt habe, so dass Dalma zur Frage gezwungen worden sei, wer nun eigentlich Chef sei, er (Dalma) oder Stárek." Der ehemalige ORF-Generalintendant Gerd Bacher konnte diese Angaben nicht bestätigen. Selbst wenn das aufgrund des sowjetischen Einmarsches in der CSSR passiert sein sollte, hätte er nichts erfahren. "Büros habe ich nicht vergeben" , sagte der langjährige Freund Zilks zur Austria Presse Agentur. Er könne sich das aber nicht vorstellen, denn man habe damals im Sinne der österreichischen Neutralität besonders auf Objektivität Wert gelegt.

Für Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hat sich mit dem Auftauchen des Mikrofilm-Aktes nichts geändert: "Ich sehe keinen Anlass, eine Historikerkommission einzuberufen." Die Historiker seien auch ohne Auftrag einer Regierung tätig, so der Kanzler. Und: "Persönlich nehme ich wahr, dass die Diskussion schon einmal stattgefunden hat. Was Zilk damals dazu gesagt hat, ist für mich völlig ausreichend." (jo, simo/DER STANDARD-Printausgabe, 26. März 2009)