Der britische Designer Matthew Williamson.

Foto: H&M

DER STANDARD: Herr Williamson, was bekommen wir von Ihnen bei H&M konkret zu sehen?

Matthew Williamson: Der erste Teil der Kollektion, der nur in eine beschränkte Anzahl von Filialen gelangt, ist ein Querschnitt durch die typischsten Stücke meiner Arbeit aus den vergangenen elf Jahren. Ich habe die besten Stücke aus all meinen Kollektionen neu aufgelegt und adaptiert. 1997 trug Kate Moss etwa ein sehr ähnliches Kleid wie das, welches jetzt in der Kollektion für H&M erhältlich ist.

DER STANDARD: Ach so, Sie haben einfach Ihre Archive geplündert?

Matthew Williamson: Wir haben alles neu überarbeitet, in neuen Schnitten und neuen Verarbeitungen und die Stücke dabei nochmals optimiert. H&M wollte mit dieser Kollektion eben genau das einfangen, was meine Arbeit ausmacht.

DER STANDARD: Hatten Sie als Macher eines recht überschaubaren Labels keine Angst vor diesem Riesenapparat namens H&M?

Matthew Williamson: Doch, ich hatte ehrlich gesagt schon etwas Respekt und war besorgt um das, was meine Kollektionen ausmacht: die Details, die Materialien, die Verarbeitung, die sorgfältig kombinierten Farben. Ich bin diesbezüglich sehr obsessiv. Ich musste erst lernen, dass andere das alles auch beherrschen.

DER STANDARD: Haben Sie nicht die Befürchtung, mit einer Low-Budget-Variante Ihrer Ideen Ihr Label zu kannibalisieren?

Matthew Williamson: Meine Entwürfe werden jetzt einem breiten Publikum zugänglich, jede Frau kann meine Stücke tragen. Ist das nicht das, wovon jeder Designer träumt? Ich denke nicht, dass meine Kundinnen während dieser Zeit meine eigenen Läden meiden werden. Denn in den meisten Fällen erreiche ich bei H&M eine andere Kundin als die, welche sonst meine Kollektionen kauft. So erreiche ich eine ganz andere Kundschaft, die sich erstmals mit meinem Namen beschäftigt, und davon wird auch meine eigene Linie auf lange Sicht profitieren. Außerdem ist dies ja eine einmalige Sache: ein Mal, und dann ist alles verkauft.

DER STANDARD: Das klingt jetzt aber ganz schön kalkuliert.

Matthew Williamson: Mein Hirn ist fifty-fifty: Zum einen bin ich der Kreative, zum anderen natürlich auch ein Geschäftsmann, der strategisch und unternehmerisch denken muss. Ich will Kleider verkaufen und finde nicht, dass "kommerziell" ein dreckiges Wort ist. Mir macht es Spaß zu sehen, wie jemand in den Laden kommt und einkauft. Vor allem in diesen schwierigen Zeiten!

DER STANDARD: Wie reagieren Sie als Designer auf die Krise?

Matthew Williamson: Es ist eine sehr besorgniserregende Zeit, nicht nur für Modemacher. Alles, was man in Zeiten der Rezession machen kann, ist zu betonen, was man am besten kann, was die DNA der Marke ist.

DER STANDARD: Farbe scheint bei Ihnen ein wichtiges Moment zu sein.

Matthew Williamson: Ich habe versucht, eine Balance zwischen starken Farben und natürlichen Schattierungen zu finden. Diese Palette kann man gut miteinander kombinieren. Nur Schwarz findet man kaum, denn Schwarz scheint mir persönlich eine schwierige Farbe. Ich weiß, dass die meisten Leute anderer Meinung sind und denken, dass Schwarz jedem gut stehe. Aber ich finde Schwarz manchmal wenig schmeichelhaft und hart.

DER STANDARD: Können Farben helfen, die Rezession erträglicher zu machen?

Matthew Williamson: Ja, davon bin ich überzeugt. Alles, was einem ein gutes Gefühl gibt, ist nützlich. Als Designer schafft man Dinge, die niemand wirklich braucht und die ein Luxus sind. Also müssen sie das Gefühl auslösen, dass man damit etwas mehr als nur ein neues Kleidungsstück bekommt. (Jeroen van Rooijen/Der Standard/rondo/27/03/2009)