WhoMade-Who, drei lustige und musikhistorisch versierte Dänen produzieren jede Menge Unfug für den Dancefloor.

Foto: Gomma

Der Wahn- und Schwachsinn einer einzelnen Person - oder im konkreten Fall eines Künstlerkollektivs - hat immer etwas Belebendes und Wunderbares. Nehmen wir zum Beispiel das aus dem für diesbezügliche Ausschweifungen nicht gerade bekannten Dänemark stammende Trio WhoMadeWho. Deren Bandgründung fußt in der Kurzfassung darauf, dass der Welt als Mitternachtseinlage auf Raves und bei Clubbings mit unmittelbarer Wucht beizukommen versucht werden sollte. Mehr ist mehr. Sensibel gilt nicht. Von null auf hundert innerhalb der ersten vier Takte. Kann mir bitte jemand noch einen Short Drink geben?! Das klingt natürlich erst einmal wie eine dringliche Warnung, dem für Holzhämmer nicht unempfindlichen Wahrnehmungsapparat mit eindeutigen wie nachdrücklichen Mitteln beizukommen. Zierränder oder Ansätze von Arrangementideen haben im konkreten Fall nichts zu suchen.

Immerhin wurden WhoMadeWho in den letzten Jahren dadurch weltweit bei Auftritten in den Clubs berühmt, dass sie Flat Beat, die gute, alte, verschrobene wie generationsprägende Techno-Hymne des französischen Mr. Oizo (bekannt durch das komische, auf und nieder wippende Stofftier aus der Levi's-Werbung), glattbügelten. Und sie prügelten die alte Technomutter reichlich rustikal Richtung aggressive Durchschnittlichkeit. Techno trifft auf Rock. Rock kennt kein Pardon. Wer sich im Jahr 1999 anlässlich des ursprünglichen Erscheinens von Oizos Flat Beat also noch nicht beim Raven die "Big Beats" aus dem Hirn hatte prügeln lassen, Flat Beat war für eine Generation während der 70er-Jahre geborener Vergnügungssüchtiger ganz, ganz groß.

Eingedenk dieser Tatsache und mit dem taktilen Angriffsziel auf einen Fluchtpunkt, der unseren schrecklichen wie langweiligen Alltag nachts auf dem Tanzboden mit sensationalistischem Amüsement beikommen wollte, muss man sich auch das eigene Schaffen von WhoMadeWho vorstellen.

2003 gegründet, gehen der mit einer erheblichen Falsettstimme gesegnete Bassist Tomas Hoffding, der bärtige Sänger, Songwriter und (Jazz-)Gitarrist Jeppe Kjellberg und Drummer Tomas Barford nach ihrem Debüt und einer lustigen Unplugged-Neusichtung desselben (Green Versions) nun mit ihrem zweiten Album The Plot die Sache musikalisch ungleich ambitionierter an. Zwischen pochenden und stampfenden Disco-Vorgaben im Stile Daft Punks oder Justice', des großartigen LCD Soundsystems oder der intellektuellen britischen Dancefloor-Melancholiker Hot Chip ist so nach intensiver Studioarbeit mit den 13 Titeln von The Plot ein tatsächlich abwechslungsreiches Album entstanden, das derzeit in der internationalen Fachpresse entsprechend euphorisch gewürdigt wird.

Live und in den Videos übt man sich immer noch in Kinderfasching für Junggebliebene. Stilistisch reißt man allerdings zwischen klassischem Synthiepop im Sinne von The Human League, wehmütigen Keyboardteppichen aus dem Vorhaus von Kraftwerk, pumpendem Old-School-Discobass, Prince oder den belgischen Dancefloor-Rockern Soulwax, kombiniert mit dem softgedimmten Machismo der US-Rockerhelden Queens Of The Stone Age einen Bogen auf, auf dem man auch tagsüber mit großem Genuss surfen kann.

Allein die Titelnummer des Albums sorgt mit ihrer wehmütigen Gesangsmelodie und den hoppertatschig angerissenen Funkriffs auf der Gitarre für sentimentale Rührung. Und auch zurückgelehnt exekutierte Lebensbejahung im Beckenbereich wie in Keep Me In My Plane oder das rührend boogierockende, an die in diesem Zusammenhang an und für sich artfremde Jon Spencer Blues Explosion erinnernde Samstagnacht-in-der-Drogendisco-Stück This Train sorgt für Freude. WhoMadeWho stellen sich gern dumm. Sie sind aber mit allen Wassern gewaschen. Altklug, schwer erziehbar. (Christian Schachinger / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.3.2009)