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Christian Thielemann

Foto: APA/Techt

Wien - Kaum zurückgekehrt von ihrer nah- und fernöstlichen Monstertournee, setzen die Wiener Philharmoniker zu ihrem nächsten Coup an: der Einspielung sämtlicher Beethoven-Symphonien unter Christian Thielemann. Als Appetizer haben sie zwei davon, die Vierte (B-Dur, op. 60) und die Eroica (Nr. 3, Es-Dur, op. 55), in ihrer Soiree am Mittwoch live präsentiert, und (damit sie es nicht verlernen) am Donnerstag auch gleich im Grazer Stephaniensaal wiederholt.

Am Samstag und Sonntag trainieren sie die beiden Werke nochmals im Goldenen Saal und werden danach zusammen mit Christian Thielemann - wie auch schon am Mittwoch - johlend gefeiert werden. Des jubelnden Gejohles wäre nach dieser insgesamt recht strammen, am Ende des Trauermarsches wohl auch äußerst sensiblen Eroica kein Ende gewesen, hätten die Philharmoniker schließlich und endlich nicht Reißaus genommen.

Dabei hätte die Wiedergabe der vierten Symphonie, die vor der Pause erklungen ist, mindestens auf das gleiche Echo stoßen müssen. Obwohl dieses Werk in einer der wenigen glücklichen Phasen in Beethovens Leben (nämlich während seiner Beziehung zu Therese von Brunwick) entstanden ist und diese unbeschwerte Idylle in ihrer ganzen Gefühlsinnigkeit widerspiegelt, scheint diesem Werk seit seiner Uraufführung der breite Erfolg niemals beschieden -, was Robert Schumann schon bedauerte.

Auch Thielemann konnte da nur wenig Abhilfe schaffen, wenngleich er an dieses Werk, das in seiner düsteren Einleitung mitunter schon Brucknerstimmung vorwegnimmt, mit der größten Behutsamkeit heranging. Thielemanns mimische Zwiesprache, die er mit dem Orchester, vor allem mit dem Konzertmeister hielt, machte das deutlich. Der Struktur und dem Geist dieses Werkes entsprechend setzte er weniger auf vorprogrammierte Gestaltung, sondern wartete geduldig ab, was sich ergeben könnte.

Und das Warten hat sich gelohnt. Das poetische Potenzial des zweiten Satzes mit seinem ausufernden melodischen Geranke hat Thielemann mit beinah blankliegenden Nerven feinfühlig zwischen Streichern und Holzbläsern verteilt; dafür aber im vitalen Scherzo und im triumphierenden Finale für kultivierte Beethoven-Deftigkeit gesorgt. (Peter Vujica / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.3.2009)