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AbtreibungsgegnerInnen machten am Sonntag mobil: Eine halbe Million Menschen ging für den "Schutz der ungeborenen Kinder" in Spanien auf die Straße. Nichtsdestotrotz steht die Mehrheit der SpanierInnen hinter der geplanten Fristenlösung.

Foto: APA/AP/Paul White

Madrid - Am Sonntag haben in der spanischen Hauptstadt Madrid rund 100.000 Menschen - eine halbe Million nach Angaben der VeranstalterInnen - gegen die geplante Liberalisierung der spanischen Abtreibungsgesetze protestiert.

Knapp 100 verschiedene katholische Organisationen, soziale Bürgerinitiativen, Pro-Leben- und Anti-Abtreibungsplattformen hatten mit Unterstützung der katholischen Kirche zum "Marsch für das Leben" aufgerufen. Über mehrere Kilometer führte der Protestmarsch vom Gleichheitsministerium bis hin zum Neptuno-Brunnen quer durch das Zentrum der spanischen Hauptstadt. "Es existiert kein Recht zu töten, es existiert das Recht auf Leben" war auf den Plakaten der Massendemonstration zu lesen. Auch in 50 anderen spanischen Städten fanden kleinere Protestmärsche gegen die Abtreibungsreform statt, auf denen das "Manifest von Madrid" vorgelesen wurde.

Kampagnen für Schutz des Lebens

Bereits in der vergangenen Woche startete die katholische Kirche eine eigene landesweite Protestkampagne gegen die Liberalisierung der Abtreibungsgesetze. Unter dem Motto "Schütze mein Leben" wurden in Kirchengemeinden und katholischen Zentren acht Millionen Broschüren sowie 30.000 Protestplakate verteilt, in denen sich die spanischen Bischöfe gegen die Liberalisierung von Abtreibung stellen.

Fristenlösung vor Einführung

Die Abtreibungsreform der sozialistischen Regierung von Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero (PSOE) sieht eine straffreie Abtreibung bis zur 14. Schwangerschaftswoche vor. Zudem sollen Minderjährige ab 16 Jahren künftig eine Abtreibung ohne Einverständnis ihrer Eltern vornehmen lassen dürfen. Bei Missbildung des Fötus sowie bei Gefährdung der physischen oder psychischen Gesundheit der werdenden Mutter sollen Abtreibungen noch bis zur 22. Woche erlaubt sein. Damit ziele das neue Gesetz darauf ab, dass die bisher geltende Indikationsregelung durch eine Fristenlösung ersetzt werde, kritisierte ein Sprecher der spanischen Bischofskonferenz.

Zahl der Abtreibungen um 73 Prozent gestiegen

Bisher sind Abtreibungen in Spanien grundsätzlich verboten. Die seit 1985 geltende Regelung gestattet nur drei Ausnahmefälle: bei Vergewaltigung, bei Missbildung des Fötus sowie bei Gefährdung der physischen oder psychischen Gesundheit der werdenden Mutter.

Fast 96 Prozent aller 112.000 Abtreibungen im vergangenen Jahr wurden auf Basis der dritten, eher schwammig gefassten Indikation und damit auf einer rechtlich unsicheren Grundlage vorgenommen. Deshalb will die sozialistische Regierung mit der Reform Rechtssicherheit schaffen. "Niemand ist für Abtreibungen, aber Frauen, die die schwere Entscheidung eines Schwangerschaftsabbruchs getroffen haben, dürfen nicht obendrein mit Haft bestraft werden", verteidigte der sozialistische Fraktionschef Jose Antonio Alonso die Initiative.

Die Zahl der registrierten Abtreibungen in Spanien ist in den vergangenen zehn Jahren fast um 73 Prozent gestiegen. Bei jungen Frauen zwischen 20 und 29 Jahren war sogar eine Verdoppelung zu verzeichnen.

Volkspartei: Lockerung falsches Signal

Die oppositionelle konservative Volkspartei (PP) sprach sich gegen die Lockerung der Abtreibungsgesetze aus. "Damit wird jungen Leuten nur der falsche Eindruck vermittelt, Abtreibung wäre eine Form der Empfängnisverhütung", erklärte PP-Fraktionssprecherin Soraya Saenz de Santamaria.

Mehrheit für Reform

Trotz der großen Teilnahme an den Protestmärschen steht die Mehrheit der SpanierInnen hinter der Reform der sozialistischen Regierung. So nahmen mit Blick auf die große Akzeptanz auch innerhalb konservativer WählerInnenschichten für die Lockerung einer der europaweit striktesten Abtreibungsgesetze diesmal auch keine SpitzenpolitikerInnen der konservativen Volkspartei an den Protestmärschen teil. Selbst das katholische Familienforum hatte seine Teilnahme am "Marsch für das Leben" abgesagt. (APA)