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Über der kleinen Kanalinsel Guernsey brauen sich vor dem G-20-Gipfel in London düstere Wolken zusammen. Die Lokalpolitik geht mit PR-Programmen in die Offensive.

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London - "13 ist meine neue Glückszahl", sagt Lyndon Trott und strahlt seinen Gastgeber an. Gerade hat der Regierungschef der kleinen Kanalinsel Guernsey zum 13. Mal ein Steuerinformations-Abkommen unterzeichnet - diesmal mit der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch ihren Londoner Botschafter Georg Boomgarden. Solche Verträge stellten den besten Beweis dafür dar, glaubt Trott, dass Guernsey "ein gut reguliertes Niedrigsteuer-Land ist, das alle internationale Vereinbarungen einhält".

Weil die Berliner Regierung den Vertragspartner eher als schädliches Steuerparadies einstuft, hält der Botschafter, bei aller diplomatischen Freundlichkeit, demonstrativ Distanz zum früheren Finanzspekulanten Trott. Die Vertragsunterzeichnung komme "kurz vor dem G-20-Gipfel", sagt Georg Boomgarden und deutet damit den Grund für das Vertragswerk an.

Kritik prallt ab

Tatsächlich hat der bevorstehende Weltfinanzgipfel in London die Steueroasen mächtig unter Druck gesetzt. Zu spüren bekamen dies auch jene zwölf Territorien der britischen Krone wie die Kanalinseln Jersey und Guernsey, Bermuda und die Cayman-Inseln in der Karibik sowie die Isle of Man. Die Betroffenen selbst reagieren wie Guernseys Lyndon Trott: "Wir sind weder ein Steuerparadies noch ein Offshore-Zentrum, schon gar kein Geheimnis-Staat wie etwa die Schweiz."

Auch die Nachbarinsel Jersey möchte allenfalls als "internationales Finanzzentrum" gelten, erläutert Martin De Forest-Brown. Er leitet dort die Abteilung International Finance, ist also fürs Wohlergehen der Finanzdienstleister zuständig. Ob zu den 400 Mrd. Dollar, die verwaltet werden, auch schmutziges Geld gehört? "Ich garantiere Ihnen eines", sagt De Forest-Brown: "In Ländern mit Bankgeheimnis wie in Österreich wird mehr Geld gewaschen als hier."

Die systematische Steuerhinterziehung vieler Anleger gilt im Offshore-Weltbild nicht als "schmutzig". Zu Recht können gerade die britischen Steueroasen darauf verweisen, dass London ihre Praktiken jahrzehntelang nicht nur geduldet, sondern den Aufbau der Finanzindustrie auch aktiv gefördert hat. Schließlich profitierte auch London von sogenannten "blind trusts" und extrem niedrigen Steuern für reiche Ausländer. Der Internationale Währungsfonds rückte deshalb kürzlich Großbritannien selbst in die Nähe von Steueroasen.

Auf der schwarzen Liste sogenannter unkooperativer Jurisdiktionen dürfte das Gastgeberland schon deshalb nicht auftauchen, weil knapp eine Woche vor dem G-20-Gipfel das Thema entschärft zu sein scheint. Dazu haben das Einlenken von Luxemburg, Österreich und der Schweiz ebenso beigetragen wie die Aktivitäten der britischen Steuerparadiese. Bereits Anfang des Monats unterzeichnete der Regierungschef von Jersey ein Steuer-Informationsabkommen mit Großbritannien, auf das London vier Jahre lang gedrängt hatte. (Sebastian Borger aus London, DER STANDARD, Printausgabe, 1.4.2009)