Homoerotische Spiele im Hühnerstallinferno: Detlev Buck  und Georg Friedrich in Michael Glawoggers durchgeknallter Drogenkomödie "Contact High"  – ab 17.4. im Kino.

 

Foto: Lunafilm

Zur Person: Georg Friedrich (42) studierte an der Wiener Schauspielschule Krauss. Auf der Berlinale 2004 wurde er als "Shooting Star"  prämiert. Er spielte u. a. in Barbara Alberts "Nordrand", Ulrich Seidls "Hundstage", Antonin Svobodas "Spiele Leben"  und Pia Marais' "Die Unerzogenen".

 

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Mit dem Wiener Schauspieler, der in Contact High Schorschi, einen Kleinganoven auf Speed, verkörpert, sprach Dominik Kamalzadeh.


Wien - Wahrnehmungen ist in Michael Glawoggers Contact High nicht zu trauen. Irgendwann wachsen in diesem Follow-up der Pornogroteske Nacktschnecken (2004) Polizisten Schweinsrüssel, schreiten Passanten rückwärts und schrumpfen Hotelzimmer zu Liliputgröße. Zwei Männerduos reisen ins polnische Drogomysel, wo es einen Koffer abzuholen gilt - ein Vorwand dieser psychedelischen Kifferkomödie, um sich in Hochgeschwindigkeit zu verzetteln. Georg Friedrich (gemeinsam mit Detlev Buck unterwegs) liefert mit blonder Mähne im Ford Mustang eine wahre Tour de Force.

Standard: In Contact High spielen Sie den Kleinganoven und Autofreak Schorschi - einen Mann auf Speed. Wie tickt dieser Mensch?

Friedrich: Eigentlich sollte man sich diese Frage stellen, aber ich mach' das nicht, weil ich so faul bin. Ich ärgere mich manchmal über mich, weil ich mich genauer vorbereiten sollte. Es würde mir sicher etwas bringen, wenn ich mir über eine Figur mehr Gedanken mache.

Standard: Die Rolle ist ein Resultat der guten Chemie zwischen Detlev Buck und Ihnen in Nacktschnecken. Da hatten sie noch wenige Szenen gemeisam.

Friedrich: Ja, Detlev und ich haben rund um Nacktschnecken begonnen, im Stile der Figuren Schmäh zu führen. Das war pure Improvisation - und da meinte mancher, man sollte über die zwei einen eigenen Film machen.

Standard: Was macht das Duo für Sie denn aus? Komisch an den beiden ist ja vor allem, dass ...

Friedrich: ... sie solche Trottel sind. Aber dass sie sich dabei sehr schlau vorkommen. Jeder Trottel kommt sich schlau vor - sonst wäre er ja kein Trottel.

Standard: Witzig sind auch die Kontraste: Breites Wienerisch tritt gegen Bundesdeutsch an.

Friedrich: Darin liegt immer Humor. Wobei man als Wiener in Berlin einen Bonus hat, die mögen das - ich weiß gar nicht, warum. Umgekehrt gilt das ja nicht so. Ich frage mich oft, wie solche Mentalitäten, solcher Humor entstehen.

Standard: In Wien hat das wohl mit den unterschiedlichen Kulturen zu tun, die sich vermischt haben.

Friedrich: Die haben uns den Humor erst gebracht. Weil der Wiener hat eigentlich eh keinen.

Standard: In Contact High ist jeder high. Halluzinationen und Verwechslungen sind die Regel. Wie darf man sich da das Set vorstellen - herrscht da höchste Konzentration für den Kontrollverlust?

Friedrich: Ich ziehe mich meistens zurück. Vor allem wenn ich weiß, dass eine schwierige Szene auf mich zukommt, ein Extremzustand. Da will ich dann auch nicht angeredet werden. Trance wäre zu viel gesagt, aber ich versetze mich in einen Zustand der Ruhe. Ich möchte dann auch nicht Schmäh führen. Da geh ich lieber hundert Meter weiter weg. Und wenn es so weit ist, dann mach ich's.

Standard: Welche Szenen sind denn schwierig? Die lauten?

Friedrich: Aggressivität ist einfacher. Schwierig zum Beispiel war in Nacktschnecken die Szene, in der ich das Auto zerstöre. In Contact High war es die Szene, in der ich in den Armen von Detlev liege - im Hendlstall. Die Hendlszenen waren furchtbar, weil es derart nach Ammoniak gestunken hat. Der ist so scharf! Das halte ich nicht aus. Komischerweise war der Detlev ziemlich hart. Ich hätte mich fast angespieben.

Standard: Eine feinere Nase!

Friedrich: Vielleicht hatte der Detlev Schnupfen. Nein, er ist eben am Land aufgewachsen. Und dadurch, dass ich so eine Mimose war, hat er erst recht zeigen müssen, dass ihm das nichts ausmacht - anders als dem Wiener Lulu.

Standard: In Contact High wird die Komik Ihrer Figuren nach außen gestülpt - anderen Ihrer Charaktere, etwa jenen in Filmen von Ulrich Seidl, ist die durchaus auch zu eigen. Sehen Sie da Parallelen?

Friedrich: Das hängt zuerst damit zusammen, dass ich alle diese Rollen spiele. Für mich sind das dennoch unterschiedliche Figuren. Aber ich kann nur mit meinen Mitteln arbeiten - ich hab nun mal eine sehr markante Stimme und Stimmlage. Komödien machen mir wahnsinnig Spaß, weil man extremere Charaktere spielen kann. Man kann ein bissl draufdrücken. Da ist immer klar, wer das ist. Deswegen spiele ich auch gerne Theater.

Standard: Sie haben gerade mit Frank Castorf im Berliner Prater Amanullah, Amanullah, eine Boulevardsatire, gemacht.

Friedrich: Mit dem Castorf mache ich mittlerweile relativ viel. Ich kann von ihm wahnsinnig profitieren. Nach der Schauspielschule habe ich ja lange überhaupt kein Theater gemacht. Die Leute haben immer gesagt, man verstehe mich in der letzten Reihe nicht - "Artikuliere gescheit!" Meine Probleme mit der Sprache waren schon psychosomatisch. Das hat sich an der Volksbühne völlig gelegt.

Standard: Weil Dinge erlaubt sind, die anderswo verpönt sind?

Friedrich: Genau. Obwohl der Castorf wahnsinnig genau ist, hab' ich das Gefühl, vollkommen frei zu sein. Letztlich hat Milan Peschel zwanzig Kinder auf die Bühne geholt und einen Text aus Berlin, Alexanderplatz sprechen lassen. Dadurch, dass man nicht das Leben faken muss wie beim Film, sondern alles immer schon als Spiel ausgewiesen ist, kann man weiter gehen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.4.2009)