Wien - Die konjunkturelle Lage in der österreichischen Industrie hat sich seit Jahresbeginn 2009 weiter verschärft, zum ersten Mal seit vier Quartalen zeigen allerdings einzelne erwartungsbezogene Indikatoren auf sehr niedrigem Niveau eine leichte Andeutung einer Bodenbildung, fasste der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Markus Beyrer, die Ergebnisse der jüngsten IV-Konjunkturumfrage zusammen. Frühestens im vierten Quartal könnte es zu einer Wende kommen.

"Diese Monate sind für die Industrie die härtesten in der österreichischen Nachkriegsgeschichte", sagte IV-Chefökonom Christian Helmenstein heute, Dienstag, bei einem Pressegespräch in Wien. Das IV-Konjunkturbarometer, ein Mittelwert aus den Beurteilungen der gegenwärtigen Geschäftslage und der erwarteten Geschäftslage in sechs Monaten von 455 befragten Unternehmen, ist im ersten Quartal 2009 um weitere 5 Prozentpunkte auf minus 27 Prozent gefallen.

Verminderte Fallgeschwindigkeit

Die Industrie habe im kurzen Zeitraum von zwei Quartalen eine ganze Dekade Entwicklung eingebüßt, führte Helmenstein aus. Neu sei diesmal die "verminderte Fallgeschwindigkeit" des Barometers. Aber auch in den kommenden beiden Quartalen werde die Industrie mit enorm schwierigen Rahmenbedingungen konfrontiert werden.

"Es verdichten sich allerdings die Chancen auf eine konjunkturelle Wende im Schlussquartal", so Helmenstein. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass es im internationalen Kontext keine systemrelevanten Risiken - ausgehend etwa von General Motors (GM) oder der Hypo Real Estate (HRE) - gebe und sich die aktuelle Aufhellung der Stimmung an den Finanzmärkten stabilisiere.

Die von den Industrieunternehmen erwartete Geschäftslage in sechs Monaten weist mit einem Saldo von minus 17 (nach -38) Punkten zwar eine Verbesserung auf, liegt aber noch immer im negativen Bereich. Die wichtige Variable Auftragsbestände zeigt mit -33 (-9) Punkten noch keinerlei Anzeichen einer Bodenbildung. Für Optimismus könnte hier der verbesserte Dollar-Euro-Kurs sorgen, meinte der Ökonom. Bei den Produktionserwartungen in den kommenden drei Monaten habe sich nichts getan (Saldo: -33 nach -35 Punkte).

Kündigungsrisken

Der extrem niedrige Indikator für den erwarteten Beschäftigtenstand in drei Monaten - er liegt bei -42 nach -49 Punkten - berge erhebliche Kündigungsrisiken. Damit sich diese nicht realisieren, müsse in den kommenden Wochen der arbeitsmarktpolitische Rahmen entsprechend gesetzt werden. Beyrer forderte in diesem Zusammenhang die rasche Umsetzung der vereinbarten Kurzarbeit. Er kritisierte die Gewerkschaften, die ständig neue Forderungen stellen und damit das gesamte Kurzarbeitsmodell in Gefahr bringen würden.

Nicht verbessern dürfte sich in den kommenden sechs Monaten auch die Ertragssituation der Industrieunternehmen, die noch massiv unter Druck stehe. Auch die Verkaufspreise dürften unter Druck bleiben, geht aus der IV-Umfrage weiter hervor.

Nicht alle Branchen sind von den konjunkturellen Entwicklungen im selben Ausmaß betroffen. Während die Bereiche Elektro- und Elektronik, Fahrzeug, Nicht-Eisen-Metalle und Papier mit von einer extrem negativen Geschäftslage und schwachem Auftragsbestand betroffen sind, sieht es für die Bau- sowie Nahrungs- und Genussmittelindustrie positiv aus. Hier dürften bereits die Konjunkturpakete und Steuerreform ihre Spuren hinterlassen haben, so die Industrie-Vertreter. (APA)