Wie echte Wiener können nun auch Computer sprechen - dank dem Forschungsprojekt "Wiener Soziolekt und Dialektsynthese".

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Der Schauspieler Hanno Pöschl hat nicht nur der Variante "Wiener Dialekt" seine Stimme geliehen, er musste auch bei der Projektpräsentation Rede und Antwort stehen.

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Wien - "Heh Nudlaug, wos is?" Mit einer solchen Reaktion auf die allzu zögernde Beantwortung einer Frage war bisher, zumindest wenn man es mit einer künstlichen Stimme am Telefon zu tun hatte, nicht zu rechnen. Zwar ist sprachliche Kommunikation mit Maschinen, nicht zuletzt bei telefonischen Dienstleistungen und der Weiterverbindung von Gesprächen, längst Alltag. Allerdings hat man es dabei in der Regel mit mehr oder weniger nüchtern klingenden Kunststimmen zu tun. Das ist jetzt anders. Im Rahmen des interdisziplinären Forschungsprojekts "Wiener Soziolekt und Dialektsynthese" haben Wissenschaftler Computern beigebracht, typisch wienerisch zu "sprechen".

Stimmen von Stephan Pokorny, Helma Gautier und Hanno Pöschl

Gleich vier Sprachvarianten stehen zur Auswahl: Dem "Österreichischen Deutsch" lieh der durch Ö1 bekannte Moderator Stephan Pokorny seine Stimme, für die "Wiener Umgangssprache" ("Schönbrunner Deutsch") konnte die Burgschauspielerin Helma Gautier gewonnen werden, für authentischen "Wiener Dialekt" ("Wienerisch") Schauspielkollege Hanno Pöschl. Für die Variante "Wiener Jugendsprache", Stichwort "Bam Oida", wurde ein eigenes Casting abgehalten, bei dem die Wahl auf die Berufsschülerin Julia Österreicher fiel. Auch "Türkisch Wienerisch" stand ursprünglich auf der Wunschliste der Wissenschaftler, musste aber unter anderem wegen der phonetischen Komplexität fürs Erste fallen gelassen werden.

Von allen Sprecherinnen und Sprechern wurden umfangreiche Tonaufnahmen gemacht, bei denen sie unter anderem auch Gedichte von H. C. Artmann lasen. Anschließend wurden die Aufnahmen in kleine Einheiten zerschnitten, der in den letzten beiden Jahren entwickelte Sprachsynthesizer setzt die Sprachbausteine wieder nach Bedarf zusammen. Bruchstellen sind zwar noch zu hören, dennoch kommen die synthetisierten Sprachvarianten des Forschungsprojekts der natürlichen Sprache bedeutend näher als die gewohnten, stereotypen Computerstimmen.

Wie in der Alltagssprache ist es dem Computer auch möglich, zwischen den Hochsprache und Dialektvariante zu unterscheiden. Mit der Differenzierung in "Wienerisch", "Schönbrunner Deutsch" und der "Wiener Jugendsprache" stehen Soziolekte als Computersprache zur Verfügung, die sich durch den Gebrauch verschiedener sozialer Gruppen und nicht regional unterscheiden. "Gesprochene Sprache wird in der Mensch-Computer-Interaktion immer wichtiger. Dafür brauchen wir auch eine qualitativ hochwertige Sprachsynthese für verschiedene Sprachen und deren Varianten", so Michael Pucher, Experte für Sprachdialogsysteme beim Forschungszentrum Telekommunikation Wien (ftw.), bei der Vorstellung des vom Wiener Wissenschafts- Forschungs- und Technologiefonds geförderten Projekts im Schutzhaus Zukunft.

Restaurantführer

Ein erstes Produkt mit der Stimme von Stephan Pokorny ist in der Zusammenarbeit mit der schottischen Firma CereProc bereits auf Schiene. Als Anwendung vorgestellt wurde eine Restaurantführer, der die Nachfrage nach verschiedenen Arten von Lokalen in unterschiedlichen Wiener Soziolekten beantwortet und auch gleich zur gewählten Lokalität weiter verbindet. Allerdings sollte man sich bei der Entscheidungsfindung mit dieser Demo-Version nicht allzu lange Zeit lassen, damit es in der verschärften Version mit der unverkennbaren Stimme Pöschls nicht heißt: "Heast Gschissena, hau di über d'Häuser!" (glicka, derStandard.at, 30. April 2009)