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SPÖ-Chef Werner Faymann marschierte im Tross seiner Liesinger Parteifreunde mit.

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In seiner Rede warnte der Bundeskanzler auch vor der Strache-FPÖ.

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Wien - Er kommt mit den Seinen: Langsam marschiert die Bezirksgruppe Liesing den Ring entlang Richtung Rathausplatz, um dort den 1. Mai gemeinsam zu feiern. Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzender Werner Faymann geht gut gelaunt voran. "Seit den 1970er-Jahren gehe ich mit. Ich wollte diese Tradition nicht brechen" , meint Faymann. Dass sein Vorgänger AlfredGusenbauer mit Wiens Bürgermeister Michael Häupl lieber von der Tribüne am Rathausplatz runtergewunken hat, will er nicht bewerten. "Ich bleibe so, wie ich bin - das ist das Beste" , sagt er nur.

Trotz verlängertem Wochenende füllt sich der Platz. 100.000 Teilnehmer will die SPÖ später gezählt haben. Auf Transparenten stehen Slogans wie "Noch heuer: Her mit der Vermögenssteuer" oder "Fiona muss zahlen. Vermögenssteuer für Superreiche" . Ein Pensionist freut sich über die vorbeiziehenden Bezirksgruppen: "Ein schöner Tag." Auch der 69-Jährige ist für eine Vermögenssteuer, aber nur, "solange sie nicht die Kleinen trifft" .
Die Steuer wird in vielen Reden Thema sein - außer bei Faymann. Der warnt stattdessen vor einer Nulllohnrunde, die derzeit immer wieder von Vertretern der Industrie gefordert würde. "Das lassen wir Sozialdemokraten nicht zu. Hier stehen wir mit der Gewerkschaft Seite an Seite" , ruft derSPÖ-Chef vom Podium. Mit einer Nulllohnrunde wäre nämlich "die Hälfte" der jüngsten Steuerentlastungen "wieder hinfällig" .

Eröffnet hat den roten Redereigen ÖGB-Chef Erich Foglar. Er forderte eine "faire Diskussion" über vermögensbezogene Steuern ein und knöpfte sich die ÖVP vor: "Es kann nicht sein, dass in diesem Lande einseitig eine Partei ein Diskussionsverbot verhängt und dieses Thema zum Nichtthema erklärt" , sagte er. Das Steuersystem weise eine soziale Schieflage auf, erklärte Foglar, das gehöre "korrigiert" . Das Wirtschaftssystem "des Kasinokapitalismus" sei falsch: "Dieses System ist entartet." DerGewerkschaftschef rief aufgrund der Wirtschaftskrise nach "politischen Konsequenzen" .

Auch Bürgermeister Michael Häupl kritisierte in diesem Zusammenhang den Koalitionspartner. "Wenn der Herr Finanzminister und Parteivorsitzende der Volkspartei sagt, alle werden zur Lösung der Krise beitragen müssen, dann sehe ich zur Stunde nichts davon" , polterte er. Zu hören sei nur etwas von einer Nulllohnrunde und dass Vermögenssteuern undenkbar seien. Das Ziel müsse aber sein, so Häupl "das Steuersystem so umzugestalten, dass es tatsächlich eine Steuergerechtigkeit gibt - und nicht so, wie es heute ist" .

Das Publikum war zufrieden. Jubelrufe und Applaus lösten sich auch beim zweiten großen Thema dieses roten Festtages ab: die FPÖ und das Verhältnis der Sozialdemokraten zu ihr. Faymann erinnerte an das im kommenden Jahr anstehende Jubiläum - 120 Jahre Maiaufmarsch - und daran, dass es Jahre gegeben habe, wo der 1. Mai verboten gewesen sei: "Es ist eine Schande, dass es bis heute Prozesse gegen Holocaustleugner gibt."

Nach einer kurzen Gedankenpause folgerte der SPÖ-Chef: Die SPÖ sei als antifaschistische Bewegung wachsam, sie müsse "aber auch eine wesentliche Frage ausdiskutieren: Mit einer Partei, die auf Hass gegen Religionen, auf das Ausspielen von Menschen setzt - mit dieser Strache-FPÖ haben wir nichts gemeinsam, weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft." Zuvor hatte sich schon Bürgermeister Häupl gegen jene ausgesprochen, die versuchten, "diese Stadt krank zu jammern. Wir werden Wien nicht den Zerstörern überlassen."

Die Parteijugend ließ es sich übrigens auch bei dieser 1.-Mai-Kundgebung nicht nehmen, ihre mittlerweile fast schon traditionell gewordene Kanzlerkritik anzubringen. Das Transparent der Sozialistischen Jugend konnte aus roter Sicht aber auch als nett gemeint gelesen werden. Darauf stand: "Lieber Werner, ohne ÖVP und Krone hätten wir dich gerner." (Peter Mayr/DER STANDARD, Printausgabe, 02.05.2009)