Luftschiff über feinem Gedeck: Jakob Gasteiger, Messerestaurant der Viennafair.

Foto: Christian Husar

Die Viennafair - The international Art Fair Focused on CEE - findet, zumindest abends, ja doch immer wieder zu ihrem natürlichen Mittelpunkt. Und der ist dort, wo Niederösterreich ganz ohne fordernde Kunstwerke demonstriert, wie man fächerübergreifend arbeitet, Genregrenzen aufhebt und Szene-Animositäten einfach wegspülen lässt. Mit Dopplern aus den Gärten des Hermann Nitsch und feinerer Bouteillenware aus den Hanglagen der Familie Bründlmayer, serviert in weiß gestrichenen Fertigteilsalettln aus dem Baumarkt. Dagegen wirkt die heuer kulturhauptstädtisch gestützte VIP-Zone der Messe verlassen wie ein Linzer Vorstadtsupermarkt an einem Sonntagnachmittag im August. Vielleicht aber füllt sich die Schutzzone diesen Sonntag mit sammelnden Müttern. Die haben dann - weil Muttertag - freien Eintritt.

Ansonsten ist an der Oberfläche der Messe kaum Provinzielles auszumachen. Licht, luftig, großzügig präsentiert sich die Viennafair 09, und sie scheint, zumindest stimmungstechnisch, krisenresistent. Dank dem Sponsor Erste Bank musste an der Positionierung nichts verändert werden, kommen immer noch 29 Galerien aus Osteuropa nach Wien, um den Schwerpunkt zu stellen und derart die strapazierte "uniqueness" zu garantieren. Gemessen an den Verkäufen wären die Schwerpunktbilder tief im roten Bereich.

Auch im mittlerweile fünften Jahr - einem, das von allgegenwärtigen Krisengesprächen geprägt ist und das in den Messeständen gespiegelt vor allem eines zeigt: Vorsicht. Querschnitte durch die jeweiligen Programme dominieren die Halle, weniger auf Exzentrik denn auf die Betonung von nachhaltiger Galeriearbeit ausgerichtete Präsentationen werben um Sammler in einer weiteren Post-Blasen-Ära - einer gute Zeit, um zu investieren. Vor allem im mittleren Preissegment.

Zwischen 5000 und 20.000 Euro findet sich genug attraktive Ware, vor allem jüngerer Künstler wie Nick Oberthaler oder Tillman Kaiser (Layr Wuestenhagen), Christian Eisenberger (Konzett), Anja Manfredi (Momentum), Anna Jermolaewa (Engholm Engelhorn), Lazar Lyutakov (Winiarzyk). Hochkarätiges zum möglichen Einstieg ins aufregende Sein als Sammler bietet Matthew Higgs New Yorker Galerie White Columns mit Editionen von Josh Smith, Rita Ackermann oder Anne Collier.

Der heuer mit dem Preis der Wirtschaftskammer für Newcomergalerien ausgezeichnete Andreas Huber zeigt Fotografien von Leopold Kessler und Arbeiten von Carola Dertnig. Silvia Steinek lässt ihr jüngeres Programm diesmal zu Hause und definiert den Begriff der One-Man-Show höchst konsequent: Sie zeigt nur Arnulf Rainer - und von dem bloß ein Bild, einen übermalten Kopf aus den frühen 1960er-Jahren. Gleich daneben zeigt JGM.Galerie Paris den Gegenentwurf - einen Messestand, kuratiert wie eine Museumsschau: Edi Hilas in Acryl gebannte Zeugen korrupter Bauwirtschaft fügen sich an Peter Koglers vermessene Hirne und Ion Grigorescus S-W-Dokumente der Geburt der (rumänischen) Sprache.

Hans Knoll zeigt mit krass realistischen Ölbildern von Mara Mattuschka, längst klassischen Skulpturen des Briten Tony Cragg und Arbeiten der Grenzgänger zwischen Richard Wagner, Vogue und spätpubertärem Ennui, AES+F, auf höchst souveräne Weise, was alles möglich ist.

Zwischen Disco und Designerloft vermittelt John M. Armleder in der Innsbrucker Galerie Elisabeth & Klaus Thoman: Drei originale Prouvé-Wandtische aus 1936 geben im Verbund mit die Grenzen des Optischen auslotenden Acrylbildern eine ebenso kühle wie kühne Installation.

Ebendort kommen die Maler Herbert Brandl und Walter Vopava ganz ohne installatives Beiwerk aus, zeigen souveräne Beispiele zeitlos guter Malerei. Heftigere und zudem auch anekdotische Malerei findet sich mit den großformatigen Ölgemälden von Bjarne Melgaard bei Ursula Krinzinger. Oder, ganz klassisch: Man greift zu bei Maria Lassnig. Einiges im Angebot hat zum Beispiel der Händler Rudolf Kratochwill. (Markus Mittringer, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 09./10.03.2009)