Kleine, schokoladetafelschmale Kunstwerke, die man sammeln möchte (und wird) - das sind die Hörbücher von mandelbaums bibliothek der töne. Welche Möglichkeiten kluger und liebevoller Gestaltung das noch relativ junge Format bietet, zeigen die zauberhaften Erzeugnisse des Wiener Verlags. Gehüllt in Umschläge aus Papier und Leinen, jedes Mal gestaltet von der Malerin und Illustratorin Linda Wolfsgruber, bieten die klingenden Töne der CD weit mehr als nur eine Lesung. Musiker, denn sie und nicht Lektoren oder Dramaturgen zeichnen für die Konzepte verantwortlich, erweitern das Hörbuch zur Gesamtkomposition.

Vor wenigen Tagen erschien das jüngste Werk der Sammlung: Franz Kafkas einziges, 1916/17 geschriebenes Drama, Der Gruftwächter, gestaltet vom Akkordeonisten Otto Lechner. Die Geschichte vom schwachen jungen Fürsten, dem alten Gruftwächter, der Nacht für Nacht mit den Geistern der Vergangenheit kämpft, und dem intriganten Obersthofmeister wird durch die Stimmen von Anne Bennent und Hans Neuenfels ebenso erzählt wie durch die Streicher-Klänge des Koehne Quartetts und die vereinzelten Einwürfe von Otto Lechners Akkordeon. Die Weise, in der Haydns Kaiserhymne langsam in Einzeltöne zu zerfallen scheint, berichtet ebenso viel von der Auflösung einer (Regierungs-)Form wie Hans Neuenfels' von den Spuren eines Lebens aufgeraute Stimme: Alles lebt auf dieser CD - und erzählt zugleich von Zeiten, da dies sich ändern wird. (Cornelia Niedermeier, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 09./10.03.2009)