Cannes - Das Fest zu Ehren von Michael Haneke und dem Team seines Films "Das weiße Band" begann erst nach Mitternacht - doch mit dem Strand des Hotels Majestic unmittelbar neben dem Palais de Cinema hatten sich die Produzenten einen überaus fashionablen Rahmen gesucht. Auch am morgen danach gab es weiter Grund zum Feiern: Die ersten Kritiken in französischen Zeitungen gestalteten sich überaus positiv.

Die französische Tageszeitung "Liberation" nannte den Streifen "eine glänzende Parabel über die Wurzeln des Totalitarismus". "Große Kraft" und "subtil entwickelte Spannung" sah die Wochenzeitung "Nouvel Observateur" in dem Film und ortete wie viele andere Medien Akzente, die an Ingmar Bergman erinnern. "Ich verehre Bergman", sagte der österreichische Regisseur gestern bei der Pressekonferenz auf eine diesbezügliche Frage, "der Film ist aber hoffentlich mehr Haneke als Bergman".

"Le Monde" hob besonders die gelungene Entscheidung, den "eindrucksvollen und unerbittlichen Film" auf Schwarz-Weiß zu drehen, hervor. Und "Les Temps" stellte bereits die Frage aller Fragen: "Könnte das Festival 2009 endlich seine Goldene Palme gefunden haben? Mit 'Das weiße Band' von Michael Haneke könnte man es glauben: keine Palme, die unter den Verdacht eines schlappen Kompromisses steht (Almodovar, Campion), keine des gefälligen Zynismus (Tarantino, Audiard), sondern eine echte Geste des radikalen Kinos, rein, leidenschaftlich und unerwartet, weit entfernt von dem, was das Kino sonst heute bietet."

"La Tribune" goss diese Überlegungen in eine metaphorische Schlagzeile: "Michael Haneke hängt das weiße Band an die Palmen von Cannes". (APA)