Der Grazer Bischof Egon Kapellari und Kardinal Christoph Schönborn haben deutliche Worte gegen den Missbrauch des Kreuzes durch die FPÖ gefunden und unmissverständlich deren Wahlkampfmethoden kritisiert. Bundeskanzler Werner Faymann hat darüber hinaus FPÖ-Frontmann Heinz-Christian Strache als "Hassprediger" tituliert und so eine klare Linie für die SPÖ gezogen - so deutlich war zuletzt Franz Vranitzky. Weil vom Bundespräsidenten Heinz Fischer abwärts sich die Vertreter aller anderen Parteien zu Wort gemeldet haben, fällt das Schweigen der ÖVP-Spitze umso deutlicher auf.

Dass sich Schönborn eingemischt hat, war richtig. Zu den Äußerungen der Grazer FPÖ-Politikerin Susanne Winter, die Mohammed als "Kinderschänder" bezeichnet hatte, haben die Kirchenvertreter noch geschwiegen. Da inzwischen Strache aber mit dem Kreuz in der Hand bei einer Demonstration gegen ein islamisches Kulturzentrum in Wien auftrat, war selbst für den zurückhaltenden Klerus das Maß voll. Schönborn hat die richtigen Worte gefunden, weil er eingeräumt hat, dass auch Christen das Kreuz als Machtsymbol missbraucht haben.

Das Verhältnis zwischen Kirche und Staat beziehungsweise Parteien war in der Vergangenheit nicht so distanziert wie heute. Das Konkordat wurde im Ständestaat unter Engelbert Dollfuß, dessen Konterfei noch immer im ÖVP-Parlamentsklub hängt, abgeschlossen und gilt in leicht abgewandelter Form bis heute. Bis in die 1960er-Jahre hinein gab es Aufrufe von Kirchenvertretern, nur christliche Kandidaten bei einer Wahl zu wählen. Seither gibt es ein Nebeneinander in Österreich. Unbestritten ist das Recht der Kirche, zu Grunsatzfragen Stellung zu beziehen, die Verwendung des Kreuzes im Wahlkampf ist eine solche.

Die FPÖ hat mit ihrer Art der Wahlkampfführung klar gegen den Konsens, Religion und Politik zu trennen, verstoßen. In ihren Anzeigen in den Boulevardblättern Krone und Österreich setzt die Partei ihren Slogan "Abendland in Christenhand" konkret um und warnt vor einem EU-Beitritt der Türkei und Israels. Die Türkei verhandelt derzeit über einen Beitritt. Ob die Bedingungen erfüllt werden, ist jedoch offen. Israel ist nicht einmal ein Kandidatenland. Aber das wird nicht erwähnt, es geht ohnehin nur um das Schüren von Vorurteilen zum Zwecke der eigenen Stimmenvermehrung. Türkei und Israel - Muslime und Juden, alle wollen in "unsere" EU. So einfach ist das Weltbild der Freiheitlichen.

1997 vollzog die bis dahin antiklerikal geprägte FPÖ in ihrem Parteiprogramm eine Hinwendung "zu einem Christentum, das seine Werte verteidigt". Inzwischen vertritt die Strache-Truppe offen antisemitische Haltungen und missbraucht eine weit verbreitete Angst gegenüber dem Islam für politische Zwecke. Was im letzten Wahlkampf mit dem Slogan "Daham statt Islam" noch patriotische Anklänge hatte, ist zu einem politischen Kreuzzug geworden, gegen den alle Repräsentanten des Staates und der gesellschaftlichen Gruppen wie auch der Kirchen auftreten müssen.

Die FPÖ unter Strache sieht sich bereits als Opfer und klagt über "Polit-Zensur". Sie wähnt sich im Einklang mit anderen rechten und rechtsextremen Parteien in Europa: In Tschechien wird in einem EU-Wahlspot der rechtsextremen Nationalen Partei die "Endlösung der Zigeunerfrage" versprochen, in Frankreich und Italien wird gegen Roma und Juden gehetzt.

In Österreich ist eine klare Abgrenzung zur FPÖ zu einer Grundsatzfrage für die Kirchen und zu einer Bekenntnisfrage für die Parteien geworden, wie führende Theologen des Landes in einer gemeinsamen Erklärung formulieren. Davor darf sich auch die ÖVP nicht drücken. (Alexandra Föderl-Schmid/ DER STANDARD-Printausgabe, 23./24. Mai 2009)