Linz - Das mit dem Glück ist so eine Sache. Nicht nur, dass Glück haben und glücklich sein zwei Paar Schuhe sind - manchmal ist Glück auch nur die Abwesenheit von Unglück. Aber so fatalistisch wie Schopenhauer will man das in der gegenwärtigen Kulturhauptstadt Europas nicht sehen. Und so postuliert man im Stadtmuseum Nordico in der Ausstellung Linz. Stadt im Glück (ab 5. Juni) gleich vorweg, dass die oberösterreichische Metropole eine glückliche sei. Vom Nimbus der Führer- und Patenstadt Hitlers über den industriellen Mief der 1970er-Jahre bis zur Kulturhauptstadt sieht sich Linz endlich ein wenig in der Glückseligkeit angekommen.

Doch im Nordico reflektiert man nicht nur die offizielle Erfolgsgeschichte, sondern widmet sich auch jenen Widersprüchlichkeiten, die ebenso zur Identität der Stadt beigetragen haben wie politische Großmanöver. Die Ausstellung findet dafür das Bild eines Hauses, dessen Zimmer für unterschiedliche urbane und historische Aspekte stehen.

In der Rumpelkammer thematisiert man etwa unter der Motto "Guter Nazi, böser Nazi" das städtische Politikpersonal nach 1945 am Beispiel des letzten NS-Bürgermeisters. Daneben befindet sich das Jugendzimmer der rebellierenden "Stahlstadtkinder". Die Linzer New-Wave- und Punk-Band Willi Warma gab der späten 1970er-Generation einst ihren Namen - im Duell mit der Mainstream-Kultur befinden sich die Aufbegehrenden von damals noch heute.

In Sachen Außensicht wird der legendäre Sager des deutschen Rappers Bushido, der im Spiegel-Interview Linz als "Arsch der Welt" bezeichnete, humorvoll aufgegriffen: Das provinzielle Hinterteil wird zum saubersten der Welt erklärt. In Linz stinkt's eben nicht mehr.

Hitlers und Speers Erbe

Manches ändert sich aber nie. Ende der Siebziger sorgte das Forum Metall mit der Nike am Brückenkopfgebäudes für heftige Diskussionen. Die Metallskulptur von Haus-Rucker-Co musste nach zwei Jahren entfernt werden. Von jenem Dach, das nun mit der baulichen Erweiterung um zwei Glaskuben erneut in Diskussion steht - und mit ihm der Denkmalschutz für das gesamte Gebäude der heutigen Kunstuniversität, das ein architektonisches Vermächtnis von Hitler und Speer ist.

Dem Industriestandort Linz, einem weiteren Erbe der NS-Zeit, wird im Arbeitszimmer Rechnung getragen. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse und die beinahe zustande gekommene Städtepartnerschaft mit Haifa, auch eine "Stadt der Arbeit", sind dabei Thema. Zur Sprache kommen auch die Arbeitsmigration und die augenfällig hohe Polizeipräsenz, die Willi Warma oder - aktueller - Gustav besangen.

Von der omnipräsenten Exekutive weiß auch die Leiterin eines Jugendkulturzentrums zu berichten - in einem von rund 100 nachzuhörenden Interviews, die man mit den Stadtbewohnern zu verschiedenen Aspekten geführt hat. (Wolfgang Schmutz / DER STANDARD, Printausgabe, 28.5.2009)