Raum-installation aus Malerei, Objekt und Skulptur: "Die Leidenschaften des Prinzen Eugen" von Oswald Oberhuber.

Foto: Würdinger

Wien - Noch ein Rückblick auf sein Werk: Das hat Oswald Oberhuber drei Jahre nach seiner Retrospektive in der Secession nicht interessiert. Für die Ausstellung in der Orangerie des Belvedere hat der bedeutende österreichische Künstler ein aus Zeichnungen, Gemälden, Skulpturen und Textbildern bestehendes Raumbild geschaffen, das (nicht nur) Die Leidenschaften des Prinzen Eugen skizziert.

Die Vertreibung des Geistigen aus Österreich war nur eine von mehr als 150 Ausstellungen, die der Künstler, Kurator und streitbare Kulturpolitiker Oswald Oberhuber organisierte. Als Rektor der Hochschule für angewandte Kunst hat er mit dieser ebenso legendären wie wichtigen Ausstellung 1985 die Aufarbeitung der "Kulturpolitik des Nationalsozialismus" forciert.

In seiner aktuellen Präsentation ist Kulturpolitik insofern ein Thema, als dass er in seinem raumgreifenden Porträt des Kultur liebenden Feldherrns dessen Kampfeslust gleichberechtigt neben seine leidenschaftliche Förderung des "Geistigen" stellt. Neben minimalistischen Verweisen auf Prinz Eugens ausgewählte Gemäldesammlung erzählen beispielsweise drei monochrome Bilder und ihre Farben Gelb, Rot und Blau von den umfangreichen Bücherbeständen, die sein Bibliothekar nach Farben in Wissensgebiete eingeteilt hat: Bücher zu Geschichte und Literatur hatten einen roten Umschlag, Theologie und Rechtswissenschaften waren blau und die Naturwissenschaften wurden mit einem gelben Umschlag versehen.

Heute befinden sich die Bestände in der Nationalbibliothek; und im Schloss Belvedere, das Prinz Eugen vom Barockarchitekten Hildebrandt erbauen ließ, hat man sich ebenfalls um die Bewahrung von Wissen verdient gemacht.

White Cube ohne Stellwände

Seit 2007 wird neben künstlerischen Interventionen im Haupthaus auch die Orangerie - einst ein Wintergarten für Orangenbäume - mit Gegenwartskunst bespielt; bisher hat es allerdings noch niemand "geschafft" , den riesigen, länglichen White Cube ohne Stellwände zu strukturieren. Mit Oberhuber wird jedoch ein Künstler präsentiert, dem die räumliche Situation, das Ausstellungsbild in der Tradition El Lissitzkys immer wichtiger war als das einzelne Werk.

Eingeteilt in die unterschiedlichen "Leidenschaften" des Prinzen ziehen sich neben Architekturskizzen, Tieraquarellen, comicartigen Porträts und floralen Motiven auch Kriegsbilder über die weitläufigen Wände des Raums, dessen Wahrnehmung die themenspezifische Hängung des Künstlers auf beeindruckende Weise dynamisiert: Die "Menagerie" mit Löwen, Flamingos, Affen, Elefanten und Giraffen bildet - in unterschiedlichsten Stilen gemalt - ein lebendiges Durcheinander, während sich die fragilen Orchideen und andere exotische Pflanzen im Anschluss daran wieder weit geordneter und kultivierter gebaren.

Eine Reihe kleiner monochromer Formate durchbricht dann die höchst fragile, weitgehend gegenständliche Darstellung der Pflanzen und zeigt anstatt dessen eine Farbpalette, die nicht nur kunsthistorische, sondern auch atmosphärische Assoziationen auslöst.

Interessanterweise ziehen sich die dort verwendeten lieblichen Farben dann noch weiter in das Kapitel "Kriegsherrschaft" hinein, wodurch die enthaupteten Köpfe und geschundenen Leiber tatsächlich weniger schrecklich als geisterhaft wirken. Auf diese Weise erzeugen die skizzenhaften Bilder aber auch eine Distanz zu den historischen Schlachten, die insofern angebracht ist, als dass Oberhuber den Unterschied zwischen der Jahrhunderte zurückliegenden Türkeneroberung und den EU-Beitrittsdiskussionen um die Türkei ganz klar markiert haben will.

Permanenz der Veränderung

Ambivalenter liest sich das Bild, das Oberhuber mit den Porträts von Prinz Eugen zeichnet: Sich bewusst nicht für eine psychologische Annäherung interessierend, aber doch in deutlicher Verbeugung vor seiner Persönlichkeit ist Prinz Eugen einmal als smarter "Kriegsherr" zu sehen, um dann im Rahmen einer seine wichtigsten Weggefährten umfassenden Porträtgalerie zum Helden eines Comicstrips zu mutieren.

Dass Oberhuber, der in seiner Kunst immer gegen den Kultstatus eines einzelnen Werkes gearbeitet hat, diesmal eine gesamte Ausstellung einer einzelnen Persönlichkeit widmet, hat möglicherweise mit den ähnlichen Leidenschaften von Künstler und Feldherrn zu tun. Da er seit seiner 1958 proklamierten "Permanenz der Veränderung" bis heute das Unfertige, Fragmentarische und Unabgeschlossene zu seinem Programm gemacht hat, erzählt das Gesamtbild nicht nur eine Geschichte, sondern auch von einem spannenden Geschichtsbegriff, mit dem er jungen Künstlern nicht zuletzt formal noch einiges lehrt. (Christa Benzer, DER STANDARD/Printausgabe, 30./31.05. & 01.06.2009)

Bis 13. 9.